Rz. 1

§ 2254 BGB regelt das sog. Widerrufstestament. Das Widerrufstestament, welches eine vorangegangene letztwillige Verfügung widerruft, bedarf grundsätzlich der Form einer letztwilligen Verfügung.[1] Es muss allerdings nicht in der gleichen Form wie das widerrufene Testament errichtet werden.[2]

 

Rz. 2

Entspricht der Widerruf nicht der Form einer letztwilligen Verfügung, bspw. wegen eines Ungültigkeitsvermerks,[3] bleibt zu prüfen, ob nicht ein Widerruf auf Grundlage des § 2255 BGB vorliegt. Kein Widerruf liegt hingegen vor, wenn der Erblasser den Verlust eines Testaments billigt.[4]

 

Rz. 3

Da das Widerrufstestament selbst eine letztwillige Verfügung von Todes wegen ist, muss der Erblasser nach § 2229 BGB testierfähig sein und das Widerrufstestament mit Testierwillen errichtet haben.[5] Von einem Widerrufstestament erfasst sind neben Einzeltestamenten auch einseitige Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrag (§ 2299 BGB); ansonsten sind bei vertragsmäßigen Verfügungen die Vorschriften der §§ 2293 ff. BGB und bei wechselbezüglichen Verfügungen § 2271 BGB zu beachten. Sofern dem längerlebenden Ehegatten bei einem Ehegattentestament der Widerruf wechselseitiger Verfügungen per Öffnungsklausel vorbehalten war, kann dieser Widerruf ebenfalls nur durch Errichtung eines Testaments erfolgen.[6] Widerrufen die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament in getrennten Urkunden, so muss der Wille beider Ehegatten zum gemeinschaftlichen Testieren sich aus beiden Urkunden zumindest andeutungsweise ergeben (sog. gemeinschaftliches Widerrufstestament in getrennten Urkunden).[7]

 

Rz. 4

Ein widerrufenes handschriftliches Testament kann durch einen Zusatz dann wieder Gültigkeit erlangen, wenn der Zusatz neu unterschrieben wird.[8] In einem handschriftlichen Testament ist ein unterhalb der Unterschrift später angebrachter Zusatz, der die ursprüngliche Verfügung an eine Bedingung knüpft, ohne erneute Unterschrift formunwirksam.[9] Hat der Erblasser auf seinem letzten Testament auf der Rückseite vermerkt, dass alle früheren Verfügungen von Todes wegen aufgehoben würden, kann dies dahingehend ausgelegt werden, dass alle zuvor errichteten Testamente widerrufen sind oder aber auch, dass ein Widerruf des letzten Testaments, auf dessen Rückseite der Vermerk angebracht wurde, ebenfalls mit widerrufen wurde.[10]

[1] OLG Köln OLGZ 1968, 324; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 632 zum Widerruf bei Vorbehalt in einer gemeinsamen letztwilligen Verfügung.
[2] Palandt/Weidlich, § 2254 Rn 1.
[3] Vgl. LG München FamRZ 1998, 1623.
[4] BGH NJW 1951, 559.
[5] Vgl. dazu, dass der Widerruf nicht im Prozess erklärt werden kann, BGH FamRZ 1960, 30.
[8] BayObLG FamRZ 1992, 1353; vgl. aber auch OLG Schleswig v. 20.7.2004 – 3 W Lw 22/04, OLGR Schleswig 2004, 559–561: Eine zuvor errichtete letztwillige Verfügung, mit der der Erblasser einen Dritten als Hoferben eingesetzt hat, kann im Grundsatz nicht durch eine nachfolgende formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 HöfeO wirksam widerrufen werden.
[9] OLG München ZErb 2011, 285–288.
[10] BayObLG NJW-RR 1990, 202.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge