Gesetzestext
Der Widerruf erfolgt durch Testament.
A. Widerrufstestament
Rz. 1
§ 2254 BGB regelt das sog. Widerrufstestament. Das Widerrufstestament, welches eine vorangegangene letztwillige Verfügung widerruft, bedarf grundsätzlich der Form einer letztwilligen Verfügung. Es muss allerdings nicht in der gleichen Form wie das widerrufene Testament errichtet werden.
Rz. 2
Entspricht der Widerruf nicht der Form einer letztwilligen Verfügung, bspw. wegen eines Ungültigkeitsvermerks, bleibt zu prüfen, ob nicht ein Widerruf auf Grundlage des § 2255 BGB vorliegt. Kein Widerruf liegt hingegen vor, wenn der Erblasser den Verlust eines Testaments billigt.
Rz. 3
Da das Widerrufstestament selbst eine letztwillige Verfügung von Todes wegen ist, muss der Erblasser nach § 2229 BGB testierfähig sein und das Widerrufstestament mit Testierwillen errichtet haben. Von einem Widerrufstestament erfasst sind neben Einzeltestamenten auch einseitige Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrag (§ 2299 BGB); ansonsten sind bei vertragsmäßigen Verfügungen die Vorschriften der §§ 2293 ff. BGB und bei wechselbezüglichen Verfügungen § 2271 BGB zu beachten. Sofern dem längerlebenden Ehegatten bei einem Ehegattentestament der Widerruf wechselseitiger Verfügungen per Öffnungsklausel vorbehalten war, kann dieser Widerruf ebenfalls nur durch Errichtung eines Testaments erfolgen. Widerrufen die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament in getrennten Urkunden, so muss der Wille beider Ehegatten zum gemeinschaftlichen Testieren sich aus beiden Urkunden zumindest andeutungsweise ergeben (sog. gemeinschaftliches Widerrufstestament in getrennten Urkunden).
Rz. 4
Ein widerrufenes handschriftliches Testament kann durch einen Zusatz dann wieder Gültigkeit erlangen, wenn der Zusatz neu unterschrieben wird. In einem handschriftlichen Testament ist ein unterhalb der Unterschrift später angebrachter Zusatz, der die ursprüngliche Verfügung an eine Bedingung knüpft, ohne erneute Unterschrift formunwirksam. Hat der Erblasser auf seinem letzten Testament auf der Rückseite vermerkt, dass alle früheren Verfügungen von Todes wegen aufgehoben würden, kann dies dahingehend ausgelegt werden, dass alle zuvor errichteten Testamente widerrufen sind oder aber auch, dass ein Widerruf des letzten Testaments, auf dessen Rückseite der Vermerk angebracht wurde, ebenfalls mit widerrufen wurde.
B. Inhalt eines Widerrufstestaments
Rz. 5
Nach h.M. ist es ausreichend, wenn sich aus der letztwilligen Verfügung der Wille ergibt, ein Testament nicht zur Geltung bringen zu wollen. Hierzu können auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden. Danach ist ein in Form einer letztwilligen Verfügung errichteter Widerrufsvermerk, dessen Inhalt sich erst i.V.m. einem maschinengeschriebenen Text erkennen lässt, als gültiges Widerrufstestament zu behandeln. Insoweit kann auch auf einen formunwirksamen Teil einer Verfügung Bezug genommen werden. Für die Formwahrung genügt aber nicht, wenn die Verfügung objektiv nicht lesbar ist und ein Widerruf ausschließlich über außerhalb der Urkunde liegende Umstände ermittelt werden kann.
Rz. 6
Nicht notwendig ist, dass der Erblasser in seinem Widerrufstestament auch den Begriff "Widerruf" verwendet. Maßgeblich ist auch hier vor allem die Tatsache, ob sich der eindeutige Wille des Erblassers, eine vorangegangene letztwillige Verfügung zu widerrufen, erkennen lässt. Das Widerrufstestament kann sich inhaltlich auf alle bislang errichteten Verfügungen, auf einzelne oder auch nur auf Teile von letztwilligen Verfügungen beziehen. Bei einer allg. Widerrufsklausel in einem späteren Testament, in dem alle bisherigen Testamente widerrufen werden, ist der Umfang und die Reichweite des Widerrufs durch Auslegung zu ermitteln, bspw. ob dadurch auch handschriftliche Testamente gemeint sind, in denen der Erblasser lediglich ein Vermächtnis angeordnet hat. Wird ein früheres Testament durch ein späteres ganz oder teilweise aufgehoben und wird das spätere Testament widerrufen, so wird das frühere Testament nur dann nicht wieder wirksam, wenn sich der Wille des Erblassers im Zeitpunkt des Widerru...