Rz. 6

Auch wenn der Erblasser grundsätzlich die Einwirkung auf die Urkunde höchstpersönlich vornehmen muss, ist anerkannt, dass er sich hierfür eines Dritten bedienen kann, wenn dieser mit seinem Willen die Einwirkung vornimmt.[28] Nicht erforderlich ist, dass dies in Anwesenheit des Erblassers erfolgt.[29] Der Dritte muss hierbei wie ein unselbstständiges Werkzeug des Erblassers handeln. Ihm darf kein Entschluss- und Handlungsspielraum verbleiben.[30] Eine von einem Dritten vorgenommene Einwirkung ohne Willen des Erblassers kann nachträglich nicht genehmigt werden.[31] Der Dritte muss die Einwirkung auch noch zu Lebzeiten des Erblassers vornehmen.[32] Täuscht der Dritte eine Vernichtung nur vor, bleibt das Testament voll wirksam.[33] Hat der Dritte das Testament nicht widerrufen, weil er selbst in der letztwilligen Verfügung als Erbe bedacht ist, liegen ggf. die Voraussetzungen einer Erbunwürdigkeit vor.[34]

[28] BayObLG FamRZ 1992, 1350.
[29] MüKo/Hagena, § 2255 Rn 13; OLG Hamm NJW-RR 2002, 222; a.A. Staudinger/Baumann, § 2255 Rn 22; OLG Düsseldorf FGPrax 2014, 164.
[30] BayObLG FamRZ 92, 1350, 1351; OLG Hamm NJW-RR 2002, 222, 223; OLG München FamRZ 2011, 1900 f. = ZEV 2011, 652 f.; hierzu: Lange, jurisPR-FamR 15/2011 Anm. 6.
[31] MüKo/Hagena, § 2255 Rn 13; OLG München NJW-RR 2011, 945; OLG Stuttgart NJW-Spezial 2018, 232.
[32] BayObLG FamRZ 1992, 1350; OLG München FamRZ 2011, 1900 f. = ZEV 2011, 652 f.; a.A. Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2255 Rn 10.
[33] KG JW 1937, 476.
[34] BGH NJW-RR 1990, 515.

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