Rz. 2

Bei einem Testament i.S.d. Abs. 1 handelt es sich um jede Urkunde, die sich nach Form oder Inhalt als eine Verfügung von Todes wegen darstellen könnte.[2] Dabei spielt es keine Rolle, ob diese im Einzelfall formwirksam errichtet, widerrufen, mit Ungültigkeitsvermerken versehen, beschädigt, offen oder verschlossen worden ist. Es ist Sache des Gerichts (Nachlassgericht oder Prozessgericht), zu entscheiden, ob es sich um eine wirksame Verfügung von Todes wegen handelt.

 

Rz. 3

Aus diesem Grunde müssen auch Schriftstücke abgeliefert werden, deren Bestimmung als Testament fraglich ist, weil z.B. die Unterschrift fehlt oder es maschinenschriftlich verfasst wurde. Dies liegt darin begründet, dass derartige Schriftstücke wenigstens zur Auslegung herangezogen werden können. Im Einzelnen kommt es lediglich darauf an, ob erbrechtliche Anordnungen vom Erblasser getroffen wurden, was z.B. bei Bestattungsanordnungen oder ausdrücklichen Entwürfen nicht der Fall ist. Schriftstücke, die sowohl erbrechtliche als auch nicht erbrechtliche Ausführungen beinhalten, sind abzuliefern, wobei dem Geheimhaltungsinteresse insoweit hinsichtlich des nicht erbrechtlichen Teils Rechnung getragen werden kann, als dass dieser Teil nicht miteröffnet wird.

Die Pflicht zur Ablieferung gilt auch für Erbverträge, im Ausland von Deutschen bzw. von Ausländern errichtete Testamente, deren letztwillige Verfügung sich im Inland befindet. Erbverzichts-, Pflichtteilsverzichts- oder Zuwendungsverzichtsverträge müssen nicht abgeliefert werden. Hingegen besteht eine Ablieferungspflicht auch für Nottestamente, bei denen die Gültigkeitsdauer von drei Monaten seit der Errichtung gem. § 2252 Abs. 1 BGB verstrichen ist. Ebenso müssen aufgehobene Erbverträge abgeliefert werden.

 

Rz. 4

Grundsätzlich ist immer die Urschrift abzuliefern. Sind mehrere Urschriften vorhanden, sind alle Dokumente abzuliefern. Ist die Urschrift verloren gegangen oder befindet sie sich im Ausland, ist eine ggf. vorhandene beglaubigte Abschrift ablieferungspflichtig. Einfache Abschriften müssen hingegen nicht abgeliefert werden, da unbeglaubigte Abschriften regelmäßig auch nicht eröffnet werden.[3] Allerdings gilt dann eine Ausnahme, wenn die einfache Abschrift zum Beweis des Inhalts einer nicht mehr vorhandenen Urschrift dienen kann.[4]

[2] BayObLG FamRZ 1988, 658, 659.
[3] Bumiller/Harders/Schwamb/Harders/Schwamb, § 348 Rn 7; BeckOK FamFG/Schlögel, § 348 Rn 7 m.w.N.
[4] MüKo/Hagena, § 2259 Rn 13; Soergel/Mayer, § 2259 Rn 6; DNotI-Report 2007, 138; a.A. Staudinger/Baumann, § 2259 Rn 10; Bamberger/Roth/Litzenburger, § 2259 Rn 3.

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