Gesetzestext
Eine Anordnung des Erblassers, durch die er verbietet, das Testament alsbald nach seinem Tode zu eröffnen, ist nichtig.
A. Allgemeines
Rz. 1
Da an der Testamentseröffnung ein öffentliches Interesse besteht, kann der Erblasser nicht einseitig anordnen, eine solche zu unterlassen.
B. Tatbestand
Rz. 2
Es ist dem Erblasser nicht möglich, die Testamentseröffnung, die nach dem Wortlaut der Vorschrift "alsbald" zu erfolgen hat, zu untersagen. Ebenso unbeachtlich ist auch eine Erblasserverfügung, wonach die letztwillige Verfügung nicht abgeliefert werden soll oder die Beteiligten nicht benachrichtigt oder keine Akteneinsicht (§ 2259 BGB, §§ 348 Abs. 2, 357 FamFG) erhalten sollen. Das zuständige Nachlassgericht ist allerdings bei der Terminbestimmung und der Modalitäten der Testamentseröffnung (z.B. Ladung der Beteiligten) relativ frei (zum Verfahren vgl. nun §§ 348–351 FamFG). Sie liegen in seinem Ermessen. Insofern ist eine Beachtung der Erblasserwünsche jedenfalls in engem Rahmen möglich und zulässig.
Rz. 3
Unter den Begriff des Testaments fallen auch gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge. Da sich die Nichtigkeit des Eröffnungsverbots auf das gesamte Eröffnungsverfahren bezieht, ist auch der Erblasserwille unbeachtlich, den Schlusserben erst nach dem Tode des Letztversterbenden bei einem gemeinschaftlichen Testament zu benachrichtigen. Gleiches gilt für Zeitvorgaben, wann erst die Eröffnung zu erfolgen habe. Ebenso kann der Erblasser nicht die Eröffnungszuständigkeit des Nachlassgerichts Kraft Anordnung auf Dritte, wie z.B. einen Testamentsvollstrecker, verlagern. Folgende Verbote sind somit nichtig:
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Verbot der Ablieferung einer letztwilligen Verfügung, § 2259 BGB |
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Verbot der Eröffnung einer letztwilligen Verfügung, §§ 348 Abs. 1 und 2, 350 FamFG |
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Verbot der Benachrichtigung über eine letztwillige Verfügung, § 348 Abs. 3 FamFG |
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Verbot der Einsichtnahme, § 357 FamFG |
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Verbot, das ein Auffinden der letztwilligen Verfügung verhindern soll (z.B. Verbot, Tresor, Wohnung etc. zu öffnen, um an das Testament zu gelangen) |
C. Rechtsfolgen der Nichtigkeit
Rz. 4
Die Nichtigkeit des Eröffnungsverbots berührt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen des Testaments und deren Wirksamkeit nicht. § 2065 BGB ist jedoch unanwendbar, da insofern keine letztwillige Verfügung vorliegt.
D. Praktische Hinweise
Rz. 5
Fraglich kann im Einzelfall sein, ob in dem Testament mit Eröffnungsverbot in Wirklichkeit überhaupt eine letztwillige Verfügung gesehen werden kann, da es ggf. am Testierwillen fehlt. Sofern das Verbot später hinzugefügt wurde, kann ggf. darin ein Widerruf des Testaments zu sehen sein. Im Einzelfall kommt es darauf an, ob der Erblasser bestimmten Personen seinen letzten Willen vorenthalten wollte. Andernfalls kann ein Entzug der Zuwendung vorliegen.