Rz. 104

Bei Selbstanfechtung und der Anfechtung durch Dritte kommen der Anfechtung folgende Wirkungen zu: Die Anfechtung führt zunächst unmittelbar zur Nichtigkeit der angefochtenen Verfügungen oder Teilverfügungen, § 142 Abs. 1 BGB.[247] Nach § 2085 BGB ist dann zu beurteilen, welche Folgen sich für die anderen Verfügungen desjenigen Ehegatten ergeben, gegen den sich die Anfechtung richtet. Demnach folgt aus der Anfechtung die Unwirksamkeit anderer Verfügungen dann, wenn anzunehmen ist, dass der betroffene Erblasser die anderen Verfügungen ohne die angefochtenen nicht getroffen haben würde.

 

Rz. 105

Die Wirksamkeit der Verfügungen des anfechtenden Ehegatten beurteilt sich nach § 2270 Abs. 1 BGB. Wechselbezügliche Verfügungen werden danach unwirksam. Wenn nun diese Anfechtung wechselbezügliche Verfügungen vernichtet, die den ersten Erbfall betreffen, dann tritt rückwirkend gesetzliche Erbfolge nach dem ersten Erbfall ein,[248] wenn nicht ein früheres Testament, welches durch das gemeinschaftliche Testament verdrängt worden war, in seiner Wirksamkeit wieder auflebt.[249] Bei der angefochtenen Verfügung selbst stellt sich die Frage, ob diese aufgrund der Anfechtung zur Gänze oder nur teilweise nichtig ist. Hier ist zu klären, wieweit die Verfügung kausal auf dem Irrtum oder der Drohung beruht.[250] Ist anzunehmen, dass der verfügende Ehegatte Teile der Verfügungen auch ohne den nichtigen Teil angeordnet hätte, dann sind diese Teile entsprechend § 2085 BGB aufrechtzuerhalten.[251] Für die Wirksamkeit der wechselbezüglichen Verfügung des Ehegatten, dessen Verfügungen nicht angefochten wurden, ist wegen § 2270 Abs. 1 BGB zu fragen, ob dieser Ehegatte auch bei Kenntnis der unwirksamen Teile der wechselbezüglichen Verfügungen des anderen Ehegatten seine Verfügungen dennoch getroffen haben würde. Ist dies zu bejahen, liegt insoweit keine Wechselbezüglichkeit vor, mit der Folge, dass § 2270 Abs. 1 BGB nicht eingreift und diese Verfügungen wirksam bleiben.[252]

[247] OLG Hamm OLGZ 1977, 389; MüKo/Musielak, § 2271 Rn 43.
[248] MüKo/Musielak, § 2271 Rn 41.
[249] RGZ 65, 265; RGZ 130, 213, 214; OLG Naumburg OLGE 24, 73, 74.
[250] OLG Hamburg MDR 1955, 168, 169; MüKo/Musielak, § 2271 Rn 44; a.A. OLG Hamm OLGZ 1972, 388, das von grundsätzlicher Gesamtnichtigkeit bei wechselbezüglichen Verfügungen ausgeht.
[251] MüKo/Musielak, § 2271 Rn 44.
[252] OLG Hamm NJW 1972, 1088; MüKo/Musielak, § 2271 Rn 44.

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