Rz. 51
Soweit ein Verjährungsrisiko nicht besteht, kann der Pflichtteilsberechtigte zunächst eine isolierte Auskunftsklage erheben. Schließt sich daran eine Zahlungsklage an, entstehen zwar die bereits erwähnten höheren Prozesskosten, im Übrigen bestehen jedoch keine wirklichen Nachteile gegenüber der Stufenklage. Es ist aber unbedingt zu beachten, dass durch die Auskunftsklage die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs nicht unterbrochen wird. Der Auskunftsanspruch kann grundsätzlich nicht durch einstweilige Verfügung erzwungen werden. In der Praxis bestehen mitunter Schwierigkeiten bei der Stellung des Antrags, da dieser grundsätzlich möglichst konkret gefasst werden sollte, damit er später ggf. vollstreckt werden kann. Nach std. Rspr. hat ein Nachlassverzeichnis grundsätzlich über folgende Punkte Auskunft zu geben, die daher sinnvollerweise auch der Klageantrag enthalten sollte:
▪ |
alle beim Erbfall tatsächlich vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva); |
▪ |
die Nachlassverbindlichkeiten, Erblasser- und Erbfallschulden (Passiva); |
▪ |
sämtliche Schenkungen (auch die an den potentiell Pflichtteilsergänzungsberechtigten selbst), die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat; |
▪ |
alle Zuwendungen an Abkömmlinge i.S.d. §§ 2050 ff. BGB; |
▪ |
alle Zuwendungen, die in Anrechnung auf den ordentlichen Pflichtteil gem. § 2315 BGB erfolgt sein könnten; |
▪ |
Güterstand, in dem der Erblasser verheiratet war. |
Eine genaue Umschreibung der einzelnen Handlungen zur Erfüllung der Auskunftspflicht ist (aus prozessökonomischen Gründen) nicht erforderlich.
Rz. 52
Hat der Erbe einmal (vollständig) Auskunft erteilt, ist der Auskunftsanspruch erfüllt, so dass eine Ergänzung des Nachlassverzeichnisses oder gar die Vorlage von Belegen nicht mehr verlangt werden kann. Dem Pflichtteilsberechtigten bleibt dann nur die Möglichkeit, die Abgabe der Versicherung an Eides Statt zu fordern, oder aber die Zugehörigkeit eines bestimmten Gegenstands zum Nachlass zu beweisen. Der Übergang vom Auskunftsanspruch zum Wertermittlungsanspruch stellt keine Klageänderung i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO dar, wenn der Kläger aufgrund derselben tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheit von dem einen auf den anderen Anspruch übergeht. Über den Streitwert der Auskunftsklage entscheidet das Gericht gem. § 3 ZPO nach Ermessen. I.d.R. ist hierbei 1/10 bis ¼ des zu erwartenden Zahlungsanspruchs als angemessen zugrunde zu legen. Im Falle einer Klage mehrerer Pflichtteilsberechtigter sowie bei der Geltendmachung entsprechender Auskunftsansprüche liegt eine Gegenstandsverschiedenheit gem. § 22 Abs. 1 RVG vor. Die Gegenstandswerte sind daher zu addieren. Ein Mehrvertretungszuschlag gem. § 7 RVG kann nicht angesetzt werden.