Rz. 18
Schließlich setzt die bewertungsmäßige Privilegierung eine entsprechende, in einer letztwilligen Verfügung enthaltene, Anordnung des Erblassers zugunsten des Übernehmers des Landguts voraus. Diese Anordnung kann entweder ausdrücklich getroffen werden oder muss sich wenigstens vermuten lassen (§ 2049 BGB). Das Gesetz unterscheidet dabei zwei Szenarien:
Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, kann er ausdrücklich bestimmen, dass einer von ihnen zur Übernahme des Landguts zum Ertragswert berechtigt sein soll. Fehlt eine solche explizite Anordnung, kann sich ein entsprechender Wille auch durch Auslegung nach den Regeln des § 2049 BGB ergeben (§ 2312 Abs. 1 BGB). Demzufolge ist bei der Zuweisung des Landguts an einen von mehreren Miterben im Zweifel anzunehmen, dass dieses i.R.d. Auseinandersetzung lediglich mit dem Ertragswert angesetzt werden soll. Gem. Abs. 1 ist der Ertragswert in diesen Fällen auch der Pflichtteilsberechnung zugrunde zu legen.
Bei Vorhandensein nur eines pflichtteilsberechtigten Erben ist bei fehlender ausdrücklicher Anordnung ein Rückgriff auf § 2049 BGB nicht möglich. Der Erblasser muss daher in seinem Testament eine Anordnung zur Anwendung des Ertragswertprivilegs treffen. Diese kann sich allerdings auch durch eine (erläuternde oder ergänzende) Auslegung ergeben, was nach der insoweit herrschenden Andeutungstheorie aber jedenfalls einen entsprechenden Anhalt in der Verfügung von Todes wegen voraussetzt. Eine (vermutete) Anordnung kann z.B. dann angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser eine ausdrückliche Bestimmung getroffen hätte, wenn er im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ein deutliches Auseinanderfallen von Verkehrs- und Ertragswert (i.S.v. § 2312 BGB) vorausgesehen hätte. Demgegenüber kann eine unwirksame Pflichtteilsentziehung nicht ohne Weiteres in eine Anordnung gemäß § 2312 Abs. 2 BGB umgedeutet werden.
Rz. 19
In beiden Varianten des § 2312 BGB kann die Anordnung des Erblassers sowohl die unmittelbare Anwendbarkeit des Ertragswertverfahrens zum Gegenstand haben als auch die Bestimmung eines Werts, der zwischen dem Ertragswert und dem tatsächlichen Wert des Landguts liegt. Wenn die Wertvorgabe den Verkehrswert überschreitet, ist die Anordnung nicht wirksam, soweit hierin nicht evtl. die Zuwendung eines Vorausvermächtnisses an einen anderen Nachlassbeteiligten, z.B. den Pflichtteilsberechtigten, zu sehen ist. Im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge kann sich die Ertragswertanordnung auch aus der Anwendung der Auslegungsregel des § 2049 BGB ergeben.