Rz. 11
Gegenstand des Auskunftsanspruchs ist zuallererst der Bestand des zur Zeit des Erbfalls tatsächlich vorhandenen Nachlasses i.S.d. § 2311 BGB. Hierzu zählen alle vom Erblasser hinterlassenen Vermögensgegenstände und Schulden. Der Pflichtteilsberechtigte hat insoweit ein Recht auf Mitteilung aller einzelnen Gegenstände. Eine Saldierung bestimmter Gruppen von Nachlassgegenständen ist daher unzulässig. Zur Verwirklichung des Pflichtteilsanspruchs ist es darüber hinaus erforderlich, dass auch alle tatsächlichen Umstände bzgl. des Nachlasses mitgeteilt werden, durch die eine sachgerechte Einordnung der einzelnen Gegenstände auf der Aktiv- oder Passivseite der "Nachlass-Bilanz" erst ermöglicht wird.
Rz. 12
Die Frage, ob bzw. welcher Wert einem Nachlassgegenstand beizumessen ist, spielt im Bereich des Auskunftsanspruchs zunächst keine Rolle. Daher sind auch solche Gegenstände anzugeben, die der Erbe für wertlos hält. Gleiches gilt für bedingte, zweifelhafte, unsichere und ungewisse Rechte und Verbindlichkeiten i.S.d. § 2313 BGB.
Der Pflichtteilsberechtigte muss – u.a. durch Mitteilung der wertbildenden Faktoren – in die Lage versetzt werden, die rechtliche Einordnung der einzelnen Nachlassgegenstände selbst vorzunehmen. Dies gilt auch hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse mit der Folge, dass alle im Besitz oder auch nur Mitbesitz des Erblassers befindlichen Gegenstände (bspw. auch Hausrat oder Einrichtungsgegenstände) mitzuteilen sind. Auch Vermögen, das Gegenstand eines lebzeitigen Schenkungsversprechens des Erblassers ist, aber noch nicht übereignet wurden, gehört (noch) zum Nachlass. Auch die nach Meinung des überlebenden Ehegatten dem Voraus zuzurechnenden Gegenstände sind Bestandteile des realen Nachlasses und als solche in die Auskunft einzubeziehen Zudem muss insoweit der Pflichtteilsberechtigte selbst die rechtliche Einordnung nachvollziehen können. Will sich der Erbe, z.B. der überlebende Ehegatte darauf berufen, nicht der Erblasser sondern er selbst sei Eigentümer, muss er die seine rechtliche Beurteilung tragenden Tatsachen gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten offen legen. Dies gilt natürlich umso mehr, wenn der Erblasser alleiniger Besitzer solcher Gegenstände war.
Rz. 13
Bestandteil des realen Nachlasses ist auch ein evtl. vorhandener Zweitnachlass, also eine Erbschaft, die dem Erblasser selbst zu seinen Lebzeiten angefallen war. Aus diesem Grunde erstreckt sich die Auskunftspflicht des Erben auch auf die Gegenstände des Zweitnachlasses. War der Erblasser an dem Zweitnachlass gemeinsam mit weiteren Miterben beteiligt, sind diese aber gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich nicht auskunftspflichtig; sie sind weder Schuldner des Pflichtteils- noch des Auskunftsanspruchs.
Rz. 14
Gehört zum Nachlass ein gewerbliches Unternehmen oder ein Landgut, ist eine genaue Bezeichnung aller zu diesem Unternehmen zählender Gegenstände erforderlich, damit der Pflichtteilsberechtigte auf die Auskunft einen selbstständigen Wertermittlungsanspruch stützen und bspw. die Frage, ob und inwieweit § 2313 BGB anwendbar ist, selbst beurteilen kann. In diesem Zusammenhang hat der Pflichtteilsberechtigte jedenfalls Anspruch auf die Vorlage von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Umsatzkennziffern, betriebswirtschaftlichen Auswertungen und anderen Unterlagen, die die Grundlage für eine Ermittlung des Unternehmenswerts bilden können. Dies gilt selbst dann, wenn der Erbe bereits ein Wertermittlungsgutachten vorgelegt hat.