Rz. 24

Eine bestimmte Form ist für das Nachlassverzeichnis i.S.d. Abs. 1 S. 1 nicht vorgeschrieben.[104] Da es aber dem Pflichtteilsberechtigten als Grundlage für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs dienen soll (insoweit unterscheidet es sich vom Nachlassinventar,[105] das in erster Linie dazu dient, Nachlassgläubigern die günstigste Vollstreckungsmöglichkeit aufzuzeigen),[106] muss es alle tatsächlich vorhandenen und – soweit das Auskunftsverlangen sich auch auf diese bezog – die fiktiven Nachlassgegenstände und Schulden einzeln und übersichtlich ausweisen.[107] Wenn seit dem Erbfall schon einige Zeit vergangen ist und die Nachlassgegenstände bereits im Wesentlichen veräußert oder unter den Erben aufgeteilt wurden, steht dies dem Auskunftsanspruch nicht entgegen.[108]

Das Verzeichnis muss nach § 260 BGB schriftlich vorgelegt werden.[109] Es muss neben dem eigentlichen Nachlassbestand auch die übrigen nach § 2314 BGB geschuldeten Angaben enthalten. Bei Schenkungen ist das jeweilige Datum der Schenkung anzugeben.[110] Seinen Zweck kann es darüber hinaus nur erfüllen, wenn die einzelnen Gegenstände konkret bezeichnet bzw. individualisiert,[111] einzeln verzeichnet[112] und die Darstellung insgesamt übersichtlich ist.[113] Aus diesem Grunde sind vor allem Aktiva und Passiva getrennt voneinander auszuweisen und die Angaben zum Nachlassbestand von den rechtlichen Ausführungen zu trennen.[114] Allerdings hat der Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch auf die Vorlage eines Gesamtverzeichnisses.[115] Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Erbe mehrere Teilverzeichnisse vorlegt, wenn er dadurch insgesamt alle geschuldeten Informationen in geeigneter Form erteilt.[116] Vor diesem Hintergrund kann auch eine Erfüllung des Anspruchs durch entsprechende Ergänzung eines bereits bestehenden Verzeichnisses – z.B. das dem Nachlassgericht im Testamentseröffnungsverfahren vorgelegte Verzeichnis oder ein Nachlassverzeichnis des Testamentsvollstreckers – erfolgen.[117] Die weiteren Befugnisse des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 S. 2 u. 3 BGB (Zuziehung; amtliches Verzeichnis; eidesstattliche Versicherung) bleiben hiervon aber unberührt.[118] In der Praxis hat sich die Abfassung des Nachlassverzeichnisses in der Form einer Bilanz bewährt,[119] da so ein hohes Maß an Übersichtlichkeit gewährleistet werden kann. Eine Bewertung der einzelnen Posten ist nicht erforderlich.[120] Auf der Passivseite muss aber wenigstens der Rechtsgrund der einzelnen Nachlassverbindlichkeiten angegeben werden.[121] Das Nachlassverzeichnis ist nach § 260 BGB schriftlich abzufassen.[122]

 

Rz. 25

Soweit man eine Unterzeichnung durch den Schuldner für entbehrlich hält,[123] kann die Auskunft auch durch einen Anwaltsschriftsatz erteilt werden.[124] Ob eine Unterzeichnung des Verzeichnisses erforderlich ist, ist derzeit nicht vollständig klar. Während die überwiegende Meinung dies ablehnt,[125] fordern einzelne OLG[126] die Unterschrift.

[104] Dennoch steht die Art und Weise der Erfüllung des Auskunftsanspruchs nicht im Belieben des Schuldners; vgl. OLG Oldenburg FamRZ 2000, 62.
[105] OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 9.
[106] Vgl. RGZ 129, 239, 244; MüKo/Siegmann, Vor § 1933 Rn 2; Staudinger/Haas (2006), § 2314 Rn 37.
[107] MüKo/Lange, § 2314 Rn 24.
[108] OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1236, 1238; OLG Köln ZEV 2008, 383, 385; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 179, 180; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 61.
[109] OLG Brandenburg ZErb 2004, 132, 133; MüKo/Lange, § 2314 Rn 24; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 63. Daher genügt es nicht, dem Pflichtteilsberechtigten die Besichtigung der Nachlassgegenstände zu ermöglichen.
[110] OLG Düsseldorf RNotZ 2008, 165, 107.
[111] BeckOGK/Blum, § 2314 Rn 7.1.
[112] BeckOGK/Blum, § 2314 Rn 7.
[113] HansOLG Bremen OLGE 97, 89, 90; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 179, 180, 181; vgl. auch OLG Naumburg v. 12.10.2010 – 1 U 73/10, BeckRS 2011, 25163, das bei Unübersichtlichkeit die Erfüllungstauglichkeit verneint; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 61; vgl. auch Osterloh-Konrad, ErbR 2012, 326.
[114] Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 61.
[115] MüKo/Lange, § 2314 Rn 24.
[116] BGH LM § 260 Nr. 14 = FamRZ 1962, 429; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 179; HansOLG Bremen OLGE 97, 89, 90; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 62; Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 11 Rn 41.
[117] OLG Brandenburg FamRZ 1998, 179, 180, 181; Staudinger Herzog (2015), § 2314 Rn 65.
[118] OLG Bremen FamRZ 1997, 1437; RGZ 129, 239, 240; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 61; RGRK/Johannsen, § 2314 Rn 25.
[119] Vgl. Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 7 Rn 22; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn 150; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 61; MüKo/Lange, § 2314 Rn 24.
[120] Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 61.
[121] OLG Brandenburg FamRZ 1998, 179, 180, 181; OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 9.
[122] OLG Brandenburg ZEV 2004, 132, 133; MüKo/Lange, § 2314 Rn 24; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 63.
[123] BGH NJW 2008, 917; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 63 m.w.N..
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