Rz. 12
Der Grundsatz der Entscheidungsfreiheit zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Pflichtteilsberechtigten selbst ist auch eingeschränkt, wenn der Pflichtteilsberechtigte minderjährig ist. In diesen Fällen wird der Pflichtteilsanspruch vom Sorgeberechtigten des Minderjährigen geltend gemacht. Der überlebende Ehegatte als Alleinerbe kann als Inhaber des Sorgerechts entscheiden, ob der Pflichtteilsanspruch minderjähriger Kinder des Erblassers geltend gemacht oder sichergestellt wird. Bei erheblichen Anhaltspunkten für einen Interessensgegensatz elterlicher Interessen und Interessen des Kindes kann das Familiengericht dem überlebenden Ehegatten insoweit die Vertretungsmacht entziehen, §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2 BGB, und eine Pflegschaft anordnen, § 1909 BGB. Grundsätzlich ist das aber nicht der Fall. Gefährdet der erbende Elternteil den Pflichtteilsanspruch des Kindes oder wurde ihm die Vermögenssorge entzogen, ist dem Kind jedoch ein Pfleger zu bestellen. In Fällen, in denen dem minderjährigen Pflichtteilsberechtigten der Anspruch gegen einen Elternteil zusteht, ist die Verjährung nach § 207 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehemmt, sodass das Kind den Pflichtteilsanspruch bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres geltend machen und durchsetzen kann.
Rz. 13
Durch eine Anordnung nach § 1638 BGB kann der Erblasser die Eltern des Kindes von der Verwaltung des Vermögens, das dieses durch den Erbfall erwirbt, ausschließen, was letztendlich einem Entzug der Vermögenssorge gleichkommt. Dies hat zur Folge, dass die Eltern den Pflichtteil für das Kind nicht geltend machen können und nach § 1909 BGB ein Pfleger zu bestellen ist.
Rz. 14
Für die Beurteilung der Frage, wann ein erheblicher Interessensgegensatz i.S.d. § 1769 BGB vorliegt, ist zu berücksichtigen, ob der überlebende Ehegatte in der Lage sein wird, den Pflichtteilsanspruch nach Volljährigkeit des Kindes zu erfüllen. Wird der Pflichtteilsanspruch vom überlebenden Ehegatten weder erfüllt noch sichergestellt, so reicht dies zur Teilentziehung des Sorgerechts nicht aus. Weitere Gesichtspunkte müssen im Interesse des Familienfriedens hinzutreten. Geprüft werden muss, ob eine Gefährdung des Kindeswohl vorliegt. Sofern der Pflichtteilsanspruch des Minderjährigen nicht erfüllt wird, gilt für die Verjährung § 207 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres des Pflichtteilsberechtigten gehemmt. Im Interesse des Kindes wird das Familiengericht auf die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses gem. § 1640 BGB drängen, um dem Minderjährigen eine Berechnungsgrundlage für seinen Pflichtteilsanspruch zu sichern, oder zur Durchsetzung des Pflichtanteilsanspruchs einen Ergänzungspfleger bestellen.