Rz. 119
Während bei der Bewertung des realen Nachlasses eindeutig der Todestag des Erblassers als Stichtag anzusehen ist (§ 2311 BGB), stellt das Gesetz in Abs. 2 für die Bestimmung des dem Wert des realen Nachlasses hinzuzurechnenden Betrages besondere Regeln auf.
a) Verbrauchbare Sachen
Rz. 120
Für die Bewertung der Leistung, die dem Pflichtteilsergänzungsanspruch unterliegt, kommt es bei verbrauchbaren Sachen i.S.d. § 92 BGB grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zuwendung an. Verbrauchbare Sache i.S.v. Abs. 2 sind z.B. Lebensmittel, Heizmaterialien, Tiere, daneben aber auch solche Gegenstände, die grundsätzlich zur Veräußerung bestimmt sind und die als solche keinen eigentlichen Gebrauchswert haben, ebenso Geld oder (Geldsurrogate darstellende) Wertpapiere. Maßgeblich ist ihr Wert im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung. Die Geldentwertung ist nach h.M. entsprechend der Entwicklung des allg. Lebenshaltungskostenindexes (heute: Verbraucherpreisindex für Deutschland – VPI) auszugleichen. Ob die zugewendeten Gegenstände zwischenzeitlich tatsächlich verbraucht wurden oder sonst wie untergegangen sind, spielt keine Rolle. Auch der schenkweise Erlass von Schulden wird wie die Hingabe einer verbrauchbaren Sache behandelt. War die Forderung im Erlasszeitpunkt noch nicht fällig, ist sie entsprechend der noch ausstehenden Laufzeit abzuzinsen. Bei Rentenforderungen ist auf den kapitalisierten Wert im Zeitpunkt des Erlasses abzustellen. Gleiches gilt beim Verzicht auf dingliche Nutzungsrechte.
b) Nicht verbrauchbare Sachen
Rz. 121
Für nicht verbrauchbare Gegenstände, insbesondere Immobilien und Unternehmensbeteiligungen, gilt das sog. Niederstwertprinzip des Abs. 2 S. 2. Dementsprechend sind die Werte des verschenkten Gegenstandes zum Zeitpunkt der Schenkung (bei Grundstücken: Eigentumsumschreibung im Grundbuch) und zum Zeitpunkt des Erbfalls miteinander zu vergleichen, wobei der Wert im Zeitpunkt der Schenkung anhand des Lebenshaltungskostenindexes (heute: VPI) auf den Zeitpunkt des Erbfalls zu indexieren ist. Der niedrigere Wert ist dann der Berechnung des Ergänzungsanspruchs zugrunde zu legen. Konsequenz dieser Regelung ist, dass Wertsteigerungen, die zwischen dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung und dem Erbfall eintreten, dem Pflichtteilsberechtigten nicht zugutekommen und – umgekehrt betrachtet – den Pflichtteilsschuldner nicht belasten. Andererseits wird der Pflichtteilsergänzungsberechtigte aber am Risiko einer zwischenzeitlichen Wertverringerung beteiligt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Berechtigte stets nur um den Betrag "geschädigt" sein könne, dessen sich der Erblasser selbst unentgeltlich entäußert habe.
Rz. 122
Ist eine nicht verbrauchbare Sache zwischen Schenkung und Erbfall untergegangen, kann eine Bewertung nach Abs. 2 S. 2 nicht mehr stattfinden. Voraussetzung einer Berücksichtigung i.R.d. Pflichtteilsergänzung ist daher, dass die Sache im Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhanden ist, entweder beim Beschenkten oder bei einem Dritten. Auch wenn es im Falle des zwischenzeitlichen Untergangs auf die Frage des Verschuldens nicht entscheidend ankommt, kann im Einzelfall ein an...