Rz. 24
Die Faustformel für die Formulierung einer Pflichtteilsentziehung, "je ausführlicher desto besser", wurde bereits erwähnt. Im Hinblick auf die sehr hohen formalen Anforderungen an die Angaben der Entziehungsgründe kann dies aber nicht oft genug betont werden. Der juristische Laie wird in der Regel kaum in der Lage sein, diese Anforderungen ohne fachkundigen Rat zu erfüllen. Dies gilt umso mehr, als auch ein späterer Austausch des vom Erblasser genannten aber nicht ausreichend dargelegten oder nicht beweisbaren Entziehungsgrundes gegen einen nicht genannten, aber ohne Weiteres beweisbaren nicht in Betracht kommt.
Rz. 25
Darüber hinaus kann auch eine begründete und formell einwandfrei angeordnete Pflichtteilsentziehung wie gesehen ins Leere laufen, wenn der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten vor seinem Tod verziehen hat. Da die Verzeihung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und daher die Pflichtteilsentziehung endgültig ausschließt, hat es – soweit nicht die Verzeihung faktisch längst eingetreten ist – gestalterische Vorteile, die Pflichtteilsentziehung nach §§ 2333 ff. BGB zu widerrufen, ohne eine Verzeihung auszusprechen. Denn dieser Widerruf kann seinerseits auch widerrufen werden mit der Folge, dass die Pflichtteilsentziehung wiederhergestellt wird. Voraussetzung ist aber – wie bereits angedeutet –, dass nicht (und sei es nur faktisch) eine Verzeihung i.S.v. § 2337 BGB eingetreten ist. Der Widerruf der Pflichtteilsentziehung als solcher deutet allerdings – für sich betrachtet – noch nicht auf eine Verzeihung durch den Erblasser hin.
Rz. 26
Wie oben bereits erwähnt, muss der Erblasser den Pflichtteil nicht in vollem Umfang entziehen. Er hat vielmehr die Möglichkeit, den Pflichtteilsberechtigten auch (nur) mit Beschwerungen oder Beschränkungen (i.S.v. § 2306 BGB) zu belegen, um sein Verhalten zu sanktionieren. Eine Möglichkeit, das Hinterlassene auszuschlagen und den Pflichtteil zu fordern, hat der Betroffene dann nicht.
Rz. 27
Außerdem besteht die Möglichkeit, die Pflichtteilsentziehung unter eine auflösende Bedingung zu stellen, z.B. die Schadenswiedergutmachung durch den Pflichtteilsberechtigten oder ein anderes tatsächliches Verhalten (das aber jedenfalls objektiv überprüfbar sein sollte).
Rz. 28
Schließlich kann der Erblasser auch eine aufschiebend bedingte Pflichtteilsentziehung anordnen. Zwar muss der Entziehungsgrund im Zeitpunkt der Anordnung bereits tatsächlich vorliegen. Das hindert aber nicht daran, die Entziehung trotz Vorliegens des Entziehungsgrundes nur für den Fall auszusprechen, dass der Pflichtteilsberechtigte denselben oder einen anderen Entziehungsgrund ein weiteres Mal verwirklicht oder ein anderes dem Erblasser sanktionswürdig erscheinendes Verhalten an den Tag legt.