Rz. 41
Eine Beendigung des Güterstandes in anderer Weise als durch Tod eines Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners liegt in folgenden Fällen vor:
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Beendigung durch Rechtskraft des Scheidungsurteils (siehe Rdn 7), |
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Aufhebung der Ehe (§§ 1313 ff. BGB) bzw. Lebenspartnerschaft, |
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vorzeitiger Zugewinnausgleich bei Getrenntleben bzw. in sonstigen Fällen, §§ 1385 f. BGB, |
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vertragliche Vereinbarung eines anderen Güterstandes: Wechsel in den Güterstand der Gütergemeinschaft oder der Gütertrennung bei Fortbestand der Ehe. |
Damit werden alle Fälle der lebzeitigen Beendigung der Zugewinngemeinschaft von § 5 Abs. 2 ErbStG erfasst.
Rz. 42
Insbesondere die ehevertragliche Vereinbarung eines abweichenden Güterstandes wird in der Praxis als Gestaltungsmittel genutzt, um bereits zu Lebzeiten Vermögen zwischen den Ehepartnern bzw. Lebenspartnern gleichmäßig zu verteilen, um dieses z.B. später unter voller Ausnutzung der Freibeträge beider Ehegatten auf die gemeinsamen Kinder übertragen zu können. Da die Ehegatten bzw. Lebenspartner in diesen Fällen häufig den Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht dauerhaft aufgeben wollen, stellt sich die Frage, ob der Güterstand endgültig beendet werden muss (Stichwort: fliegender Zugewinnausgleich) bzw. ob er kurze Zeit nach Beendigung wieder erneut zwischen den Ehegatten vereinbart werden kann (Stichwort: Güterstandsschaukel).
Rz. 43
Nach Ansicht der Finanzverwaltung greift § 5 Abs. 2 ErbStG immer dann nicht ein, wenn die Ehegatten bzw. Lebenspartner durch Ehe- bzw. Lebenspartnervertrag den während des bisherigen Bestehens der Zugewinngemeinschaft entstandenen Zugewinn ausgleichen, dabei aber den Güterstand selbst nicht beenden (sog. fliegender Zugewinnausgleich). Die so lediglich rechtsgeschäftlich begründete Ausgleichsforderung stellt eine steuerbare unentgeltliche Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Der Unentgeltlichkeit steht es auch nicht entgegen, wenn der Berechtigte auf die zukünftig entstehende Zugewinnausgleichsforderung verzichtet. Kommt es bei einer späteren Beendigung der Zugewinngemeinschaft zur Anrechnung dieser Forderung auf die Zugewinnausgleichsforderung (§ 1380 Abs. 1 BGB, siehe Rdn 32), erlischt die Steuer über § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit. Diese Behandlung des fliegenden Zugewinnausgleichs hat der BFH bereits mit Urt. v. 24.8.2005 bestätigt. Sie korrespondiert mit dem Wortlaut von § 5 ErbStG, denn die güterrechtliche Ausgleichsforderung entsteht rechtlich erst mit Beendigung des gesetzlichen Güterstandes, § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB.
Rz. 44
Zu diesem Verständnis steht es auch nicht in Widerspruch, wenn der BFH bei der sog. Güterstandsschaukel einen steuerfreien Zugewinnausgleich anerkennt. Denn im Gegensatz zum fliegenden Zugewinnausgleich findet formal durch den Wechsel zur Gütertrennung eine tatsächliche Beendigung des Güterstandes statt, die die Ausgleichsforderung zum Entstehen bringt, und erfolgt erst anschließend die erneute Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft. Diese Vereinbarungen können auch gemeinsam in einer notariellen Urkunde und damit ohne Einhaltung einer "Schamfrist" getroffen werden. Es handelt sich nicht um einen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO), sogar bei einer Stundung der Ausgleichsforderung bis zum Tode und Vereinbarung eines niedrigen Stundungszinses. Die Differenz der Stundungszinsen zu einem fremdüblichen Zinssatz kann aber möglicherweise als solche zu einer selbstständigen Schenkung führen, die nach dem Kapitalwert der Zinsdifferenz zu bemessen ist. Vorsorglich können zudem außersteuerliche Gründe, wie z.B. die frühzeitige finanzielle Absicherung des Partners oder Pflichtteilsvermeidungsstrategien, in die notarielle Vereinbarung aufgenommen werden. Vorsicht ist vor einer Übertragung dieser Rechtsprechung zur Güterstandsschaukel auf den fliegenden Zugewinnausgleich geboten. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Formen liegt darin, dass im letztgenannten und vom BFH anerkannten Fall eine Zugewinnausgleichsforderung mit der rechtlichen Beendigung des Güterstandes tatsächlich zur Entstehung kommt. Gestaltungsvorschläge sollten sich daher an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung orientieren, auch wenn sie in der Fachliteratur Kritik erfährt.