Rz. 78
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erfasst auch die Fälle einer Gesellschaftsvertragsgestaltung, wonach der Gesellschafter aus der Personen- oder Kapitalgesellschaft ausscheidet und der Anteil unter Abfindung der Erben auf die Gesellschaft oder die verbleibenden Gesellschafter übergeht. Ein Anteilsübergang auf die Gesellschaft ist jedoch nur für die Kapitalgesellschaft möglich, da die Personengesellschaft keine eigenen Anteile erwerben kann. Nur bei Personengesellschaften ist also die Anwachsung bei den anderen Gesellschaftern möglich.
Da ein automatischer Übergang des Anteils auch bei einer Kapitalgesellschaft nicht möglich ist, da nach § 15 Abs. 1 GmbHG die Vererblichkeit gewährleistet wird, bedarf es einer Satzungsregelung, wonach der Anteil an einer GmbH zwar durch den Erbfall auf die Erben übergeht, jedoch die Gesellschaft dann die Möglichkeit zur Einziehung gegen Abfindung hat, oder es wird eine Regelung in der Satzung getroffen, wonach die Erben dazu verpflichtet werden, den Anteil an der Gesellschaft unter Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter an einen Dritten abzutreten. Dieses Gestaltungsrecht wird von § 3 Abs. 1 S. 2 ErbStG erfasst, da es auf den Tod des Gesellschafters hin erst ausgeübt werden kann und in der Satzung verankert sein muss. Die Steuerentstehung ist auf den Zeitpunkt der Ausübung abzustellen, da nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG erst mit der Ausübung eine Vermögensmehrung erfolgt.
Wird der Geschäftsanteil eines Gesellschafters einer GmbH bei dessen Tod nach § 34 GmbHG eingezogen, geht der auf die Erben übergegangene Anteil unter. Dabei ist zu beachten, dass für den Fall, dass die Erben eine Abfindung erhalten, die geringer ist als der sich nach § 12 ErbStG ergebende steuerliche Wert des Anteils, die Differenz zwischen Abfindungs- und Verkehrswert als Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter und damit als Schenkung zu behandeln ist. Da die Gesellschafter selbst keine Anteile erwerben, ist dieser Erwerb durch die Gesellschafter nicht nach §§ 13b, 19a ErbStG begünstigt.
Rz. 79
Bei einer GbR vollzieht sich die Anwachsung bei den übrigen Gesellschaftern nur, sofern dies im Gesellschaftsvertrag nach § 736 BGB vorgesehen ist. Scheidet ein Gesellschafter aus, wächst dessen Anteil den übrigen Gesellschaftern zu nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB.
Der Anteilsübergang bei der Personengesellschaft des HGB, also einer OHG, vollzieht sich im Wege der Anwachsung, denn § 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB sieht die Fortsetzung unter den übrigen Gesellschaftern vor, sofern in dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt wurde. Die Gesellschafter als solche werden also im Wege der partiellen Anwachsung Erwerber des Anteils. Der Abfindungsanspruch der Erben richtet sich jedoch gegen die Gesellschaft. Ebenfalls von § 3 Abs. 2 S. 2 ErbStG wird die Regelung erfasst, wonach bei einer zweigliedrigen Personengesellschaft der Mitgesellschafter ein Übernahmerecht für den Todesfall des anderen Mitgesellschafters erhält. Beachtlich ist dabei, dass es keine Einmann-GbR oder -OHG geben kann, so dass der überlebende Mitgesellschafter das Gesamthandvermögen als Alleineigentümer erwirbt. Die Anteilsabtretung auf den Todesfall, die auch in dem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft geregelt werden kann, sieht vor, dass der Anteil des verstorbenen Mitgesellschafters mit dessen Tod auf einen oder mehrere Gesellschafter abgetreten wird, verbunden mit einer Abfindungsleistung an die Erben. Dieser Fall wird von § 10 Abs. 10 ErbStG bezüglich der Abfindungsleistung erfasst, der Anteilserwerb durch den Gesellschafter nach § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG.
Rz. 80
In § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ist geregelt, dass durch einen Wertvergleich die Bereicherung zu ermitteln ist. Es wird dabei der objektive Wert des Anteils mit dem Abfindungsbetrag verglichen. Der Wert des Anteils wird nach § 11 Abs. 2 BewG ermittelt. Für die Steuerbemessung ist der Abfindungswert mit dem nominalen Wert des Geldbetrages anzusetzen.