Rz. 432

Dessen ungeachtet sollte aber im Vorfeld geprüft werden, ob die neu aufzunehmenden Vertragsklauseln auch tatsächlich den Bedürfnissen der betroffenen Gesellschafter genügen. Dies gilt insb. im Hinblick auf die Entnahmebeschränkungen, die sich – anders als Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen – sozusagen ständig auswirken (also das tägliche Leben beeinflussen) und nicht nur in bestimmten Einzelfällen.

Soweit bei Personengesellschaften erhebliche Guthaben auf variablen Kapitalkonten (die Eigenkapitalcharakter haben) bestehen, ist zu erwägen, diese ganz oder teilweise in Fremdkapital umzuwandeln, so dass sie aus dem künftigen Anwendungsbereich der Entnahmebeschränkungen herausgehalten werden. Denn die Rückzahlung von Fremdkapital stellt – auch wenn es sich bei dem Gläubiger um einen Gesellschafter handelt – m.E. keine Entnahme i.S.v. § 13a Abs. 9 ErbStG dar.[1001]

 

Rz. 433

Allerdings ist hierbei auch zu prüfen, ob sich evtl. Nachteile bei der Ermittlung des Werts des Verwaltungsvermögens ergeben könnten. Denn im Rahmen der gesellschafterbezogenen Bestimmung des Verwaltungsvermögens wäre der auf Fremdkapital umgebuchte Teil des Eigenkapitals beim jeweiligen Gesellschafter als Forderung (im SBV) i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG zu berücksichtigen. Dieser würde zwar (anteilig) die Verbindlichkeit auf Ebene der Gesellschaft gegenüberstehen. Zu einer vollständigen Saldierung kommt es aber nur, wenn alle Gesellschafter entsprechend ihren Beteiligungsquoten Darlehensforderungen gegenüber der Gesellschaft haben. Außerdem ist zu beachten, dass vom Sonderbetriebsvermögen kein Vorwegabschlag vorgenommen werden kann, weil dieses (als persönliches Eigentum des Gesellschafters) den gesellschaftsvertraglichen Bindungen gerade nicht unterliegt.

 

Rz. 434

Schließlich ist zu bedenken, dass bei früherer Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigungen (§ 34a EStG) die zur Umwidmung des Guthabens in ein Darlehen erforderliche Entnahme mit Einkommensteuerbelastungen verbunden sein kann.

 

Rz. 435

Auch bei Kapitalgesellschaft können ähnliche Überlegungen angebracht sein: Hier geht es zwar nicht um variable Kapitalkonten, aber doch um (freiwillige) Rücklagen. Deren Ausschüttung dürfte allerdings im Regelfall mit erheblichen Einkommensteuerbelastungen verbunden sein und führt außerdem dazu, dass es sich bei dem ausgeschütteten Guthaben anschließend um Privatvermögen handelt, dass von sämtlichen erbschaftsteuerlichen Privilegierungen ausgeschlossen ist.

 

Rz. 436

Festzuhalten bleibt aber in jedem Fall, dass bereits absehbarer Liquiditätsbedarf der Gesellschafter befriedigt werden sollte, bevor gesellschaftsvertragliche Entnahmebeschränkungen vereinbart bzw. wirksam werden.

[1001] Die Entnahmebeschränkung bezieht sich auf das Gesamthandsvermögen, vgl. oben Rdn 362.

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