Rz. 204
Die zweite Alternative von § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. a ErbStG zielt auf das ertragsteuerliche Sonderbetriebsvermögen ab. Auch insoweit hat der Gesetzgeber jedoch darauf verzichtet, diesen Begriff ausdrücklich zu nennen bzw. darauf Bezug zu nehmen. Vielmehr gilt die Ausnahme vom Verwaltungsvermögen für denjenigen Dritten überlassenen Grundbesitz, den der Erblasser/Schenker "als Gesellschafter einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (…) der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte". Hieraus folgt, dass die Definition als ertragsteuerliches Sonderbetriebsvermögen nicht zwingend erfüllt sein muss, im Einzelfall aber auch nicht ausreichend ist. Letzteres gilt insb. für das sog. Sonderbetriebsvermögen II, also für Vermögensgegenstände, die nicht der Personengesellschaft überlassen werden, aber die Gesellschafterstellung des (wirtschaftlichen) Eigentümers bei der Personengesellschaft stärken. Dies gilt z.B. auch dann, wenn der Grundbesitz nicht unmittelbar der Personengesellschaft, an der der Erblasser/Schenker beteiligt ist, überlassen wird, sondern ein Dritter (z.B. eine gewerblich geprägte Schwester-Personengesellschaft, an der der Erblasser/Schenker beteiligt ist) zwischen den Erblasser/Schenker als Gesellschafter und die (seine) Gesellschaft tritt.
Rz. 205
Andererseits ist es aber auch nicht zwingend erforderlich, dass der überlassene Grundbesitz dazu geeignet und bestimmt ist, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I). Nach dem Wortlaut des Gesetzes genügt die bloße Nutzungsüberlassung, unabhängig vom hiermit verfolgten Zweck. Allerdings wird sich bei "nutzlosen Nutzungsüberlassungen" die Frage nach dem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO stellen.
Rz. 206
Die Finanzverwaltung geht jedenfalls davon aus, dass Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft, die von diesem der Gesellschaft überlassen werden, kein Verwaltungsvermögen darstellen, soweit die Personengesellschaft diese Grundstücke unmittelbar nutzt. Die Privilegierung kann also jedenfalls dann als sicher gelten, wenn die ertragsteuerrechtlichen Voraussetzungen des Sonderbetriebsvermögens kumulativ mit der erbschaftsteuerrechtlichen Voraussetzung der Überlassung zur unmittelbaren Nutzung durch die Personengesellschaft zusammentreffen.
Rz. 207
Überlässt der Gesellschafter einer nach § 1a Abs. 1 KStG zur Körperschaftsteuer optierenden Personengesellschaft seiner Gesellschaft ein Grundstück, handelt es sich dabei (ab dem Wirksamwerden der Option) nicht (mehr) um Sonderbetriebsvermögen. Denn nach § 1a Abs. 1 S. 1 KStG sind die Gesellschaft "wie eine Kapitalgesellschaft" und ihre Gesellschafter "wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln". Sonderbetriebsvermögen existiert in diesem Besteuerungsregime nicht. Der zur Lösung dieses Problems in den Raum gestellte Gedanke des "fiktiven Sonderbetriebsvermögens" (für Zwecke des Erbschaft- und Schenkungsteuer- bzw. Bewertungsrechts) überzeugt im Ergebnis nicht, so dass es auf die Rückausnahme nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. a ErbStG nicht ankommt.
Rz. 208
Die Rechtsstellung als Grundstückseigentümer sowie Gesellschafter der nutzenden Personengesellschaft (Mitunternehmer) muss vom Erblasser/Schenker im Rahmen des Übertragungsvorgangs auf den Erwerber übergehen. Dieser muss also nach erfolgter Übertragung sowohl Mitunternehmer sein als auch der Gesellschaft den in Rede stehenden Grundbesitz zur Nutzung überlassen. Ob dies beim Vorbehalt von Nutzungsrechten durch den Schenker oder gar bei der Anordnung eines Zuwendungsnießbrauchs zugunsten eines Dritten der Fall ist, erscheint fraglich. Soweit sich die vorbehaltenen bzw. zugewendeten Rechte ausschließlich auf den Ertrag des überlassenen Grundbesitzes beschränken, dürfte dies unproblematisch sein. Stehen dem Nutzungsberechtigten darüber hinausgehende Rechte zu, durch die er die Art und Weise der Nutzung des Grundbesitzes beeinflussen kann, stellt sich aber die Frage, ob die Nutzungsüberlassung an die Gesellschaft tatsächlich noch durch den Erwerber erfolgt. Gerade bei Einzelunternehmen droht im Übrigen in Fällen der Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt die ertragsteuerliche Betriebsaufgabe.