Rz. 209
§ 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG nimmt von der Qualifikation als Verwaltungsvermögen auch solchen Grundbesitz aus, der im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebs an Dritte überlassen wird. Allerdings ist diese Ausnahme an weitere Voraussetzungen geknüpft:
Rz. 210
Grds. muss die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgen, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2–3 EStG führt. Die erbschaftsteuerrechtliche Behandlung der Betriebsverpachtung im Ganzen orientiert sich eng an der ertragsteuerrechtlichen Regelung. Soweit daher die Betriebsverpachtung zu ertragsteuerrechtlichen Gewinneinkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 EStG führt, handelt es sich bei dem Gegenstand der Verpachtung erbschaftsteuerrechtlich dem Grunde nach um begünstigungsfähiges (ggf. auch begünstigtes) Betriebsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 2–3 ErbStG. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass auch verpachtete Teilbetriebe bzw. der zu diesen gehörende Grundbesitz privilegiert sein können.
Der Wortlaut des Gesetzes, "Im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs" ist insoweit irreführend. Wie der Hinweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 2–3 EStG zeigt, ist tatsächlich die Betriebsverpachtung im Ganzen gemeint. Es geht also um die Klarstellung, dass der Betrieb bzw. Teilbetrieb insgesamt an ein und denselben Pächter verpachtet werden muss, hingegen die Verpachtung einzelner Wirtschaftsgüter an unterschiedliche Pächter nicht als Ausnahme von der Verwaltungsvermögensqualifikation in Betracht kommt.
Nicht privilegiert sind sowohl einem Betriebsführungsvertrag als auch einem Betriebsüberlassungsvertrag unterliegende Betriebe. Denn sowohl die Führung des Betriebs auf fremde Rechnung gegen Entgelt als auch die Führung des Betriebs in fremdem Namen auf eigene Rechnung sind nicht als Betriebsverpachtungen zu qualifizieren.
Rz. 211
Eine Betriebsverpachtung führt nur dann zu Gewinneinkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 1–3, Abs. 2 Nr. 1 EStG, wenn der Verpächter sein Verpächterwahlrecht zugunsten der Fortführung des Betriebs ausgeübt hat. Dies muss vor dem Übertragungsstichtag i.S.v. § 11 ErbStG wirksam erfolgt sein. Eine rückwirkende Aufgabeerklärung nach Übertragung müsste aber wegen des Stichtagsprinzips unschädlich sein. Allerdings wirkt auch eine etwaige zwangsweise Betriebsaufgabe begünstigungsschädlich.
Rz. 212
Eine erbschaftsteuerrechtliche Privilegierung kommt von vornherein nur in Betracht, wenn bzw. soweit überhaupt begünstigungsfähiges Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 ErbStG vorliegt. Dies gilt auch im Rahmen der Anwendung der Ausnahmeregelung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG, so dass der verpachtete Betrieb grds. vor Beginn seiner Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach § 13b ErbStG erfüllt haben muss. Es genügt also nicht, wenn sich eine Umqualifikation in begünstigungsfähiges Betriebsvermögen erst anlässlich der Verpachtung ergibt. Zur Nutzung überlassene Grundstücke gehören daher stets zum Verwaltungsvermögen, wenn der verpachtete Betrieb bereits vor der Verpachtung nicht die Voraussetzungen für die Begünstigung erfüllt hat. Eine Umqualifizierung nicht begünstigten Vermögens in begünstigtes Vermögen ist also über den Weg der Betriebsverpachtung nicht möglich.
Rz. 213
Nicht begünstigt sind auch solche verpachteten Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, soweit es sich hierbei nicht um ein Unternehmen der Wohnungswirtschaft i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG handelt.
Rz. 214
Zusätzlich zu den bereits genannten regeln § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b aa) und bb) ErbStG weitere Voraussetzungen, von denen die Ausnahme vom Verwaltungsvermögen abhängig ist: Entweder muss es sich um eine unbefristete Verpachtung handeln, bei der der Verpächter den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung zum Erben eingesetzt hat (aa), oder um eine befristete Verpachtung an einen Dritten, die im Hinblick darauf erfolgt, dass der mit dem verpachteten Betrieb Beschenkte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre – im Falle der Minderjährigkeit des Beschenkten auf die Vollendung seines 28. Lebensjahres – befristet ist (bb). Im Einzelnen gilt Folgendes:
Rz. 215
§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b aa) ErbStG zielt auf die Begünstigung "gleitender" Unternehmensnachfolgen ab, bei denen in einem ersten Schritt der Betrieb an den künftigen Erwerber verpachtet wird und erst in einem zweiten, zeitlich nachgelagerten Schritt der Eigentumsübergang erfolgen soll. Diese Vorgänge sind dann begünstigt, wenn der Erblasser/Schenker den Betrieb an den späteren Erwerber durch einen unbefristeten Pachtvertrag überlassen hat und der Erwerber durch letztwillige V...