Rz. 399
Voraussetzung für die Gewährung der Optionsverschonung ist ein entsprechender unwiderruflicher Antrag des Steuerpflichtigen, der schriftlich oder zur Niederschrift bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu stellen ist. Materielle Bestandskraft liegt vor, wenn der Bescheid unanfechtbar und schlichten Änderungen nicht mehr zugänglich ist. Vor diesem Hintergrund kann der Antrag auf Optionsverschonung bei Steuerbescheiden, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) stehen, wohl aber nicht bei vorläufigen Bescheiden, noch bis zur Aufhebung dieses Vorbehalts gestellt werden. Nach Auffassung des FG Münster (zum alten § 13a Abs. 8 ErbStG) kann eine Antragstellung mitunter auch nach einer nur partiellen Änderung des Steuerbescheids in Betracht kommen, dann allerdings nur bezogen auf den von der Änderung betroffenen Teil der Steuerfestsetzung.
Im Extremfall ist die Antragstellung sogar noch in der mündlichen Verhandlung über die entsprechende Steuerfestsetzung möglich. Die Antragstellung ist aber nicht als rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 AO anzusehen.
Im Übrigen ist der Antrag, wie gesagt, unwiderruflich. Dies gilt insb. auch dann, wenn sich nach wirksamer Antragstellung ein Verstoß gegen die verschärften Lohnsummen- bzw. Behaltensregelungen im Falle der Optionsverschonung abzeichnet oder ergibt. Eine Antragsrücknahme zum Zweck der Sicherung der Regelverschonung wird durch die Verwaltung nicht zugelassen.
Rz. 400
Vielfach hängt die Frage, ob eine Antragstellung sinnvoll oder im Hinblick auf den Umfang des Verwaltungsvermögens überhaupt möglich ist, vom Inhalt von der Erbschaftsteuerveranlagung vorgelagerten Feststellungsbescheiden ab. Insoweit geht die Finanzverwaltung (teilweise) davon aus, dass eine (relevante) Änderung des Feststellungsbescheides nach dem Rechtsgedanken von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO die Ausübung des Optionsrechts (wieder) ermöglichen soll.
Tatsächlich sollte das Ergehen eines Feststellungsbescheides, nach dessen Inhalt die Optionsausübung erstmals möglich ist, als rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzusehen sein. Gesichert (durch Rechtsprechung) ist dies allerdings nicht. Sicherheitshalber ist daher zu empfehlen, den Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbescheid (als solchen) bis zur endgültigen Entscheidung über die Optionsausübung vorsichtshalber durch Einspruch offenzuhalten.
Rz. 401
Der Antrag kann nach Auffassung der Finanzverwaltung im Erbfall insgesamt nur einheitlich für alle Arten des erworbenen begünstigten Vermögens gestellt werden. Bei Schenkungen "mit einheitlichem Schenkungswillen" gilt dies entsprechend. Allerdings lässt sich dieses Petitum der Verwaltung aus der Formulierung des Gesetzes nicht ableiten. Diese deutet vielmehr darauf hin, dass der Steuerpflichtige für jede begünstigte wirtschaftliche Einheit gesondert wählen kann, ob er zur Vollverschonung optieren möchte.
Rz. 402
Ungeachtet der Forderung der Finanzverwaltung, dass die Option nur einheitlich ausgeübt werden kann, gilt dies nur hinsichtlich des jeweiligen Erwerbers. Mehrere Erwerber können das Optionsrecht aber durchaus getrennt und unabhängig voneinander wahrnehmen. Denn Steuerpflichtiger ist bei der Erbschaft- und der Schenkungsteuer der einzelne Erwerber, nicht etwa der Nachlass als solcher. Der Antrag kann bzw. muss also vom jeweiligen Erwerber jeweils für sich bzw. seinen Erwerb gestellt werden.
Rz. 403
Es ist davon auszugehen, dass das Recht zur Antragstellung ein höchstpersönliches Recht des jeweiligen Erwerbers darstellt mit der Folge, dass eine wirksame Antragstellung z.B. durch den Testamentsvollstrecker kaum zulässig sein dürfte. Sicherheitshalber sollte daher in jedem Fall die Antragstellung durch den Steuerpflichtigen selbst erfolgen.
Rz. 404
Der Antrag auf Vollverschonung setzt, wie ausgeführt, voraus, dass der Wert des Verwaltungsvermögens die Grenze von 20 % des Werts des begünstigten Vermögens nicht überschreitet. Ist diese Bedingung bei einem für mehrere wirtschaftliche Einheiten einheitlich zu stellenden Antrag nur für einzelne der betroffenen wirtschaftlichen Einheiten erfüllt, wird die Vollverschonung nur für diese wirtschaftlichen Einheiten gewährt. Die wirtschaftlichen Einheiten mit Verwaltungsvermögen im Umfang von mehr als 20 % unterliegen dann der ungemilderten Besteuerung; auf sie ist weder die Regel- noch die Optionsverschonung anwendbar.
Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens in sämtlichen wirtschaftlichen Einheiten über der 20 %-Schwelle, geht ein dennoch gestellter Optionsantrag ins Leere; in diesem Fall findet (automatisch) die Regelverschonung Anwendung.
Rz. 405
Stellt sich nachträglich, beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung, heraus, dass die Verwaltungsvermögensgrenze für die Optionsverschonung nicht erfüllt ist, gilt Entsprechendes. Demzufolge besteht nach Verwaltungsauffassung also auch bei nachträglichen ...