Rz. 93
Im Gegensatz zum Zivilrecht bedarf es im Schenkungsteuerrecht keiner Einigung der Beteiligten über die Freigebigkeit (Unentgeltlichkeit) der Zuwendung. Es genügt, wenn der Zuwendende die Unentgeltlichkeit subjektiv gewollt hat. Der Zuwendende muss in dem Bewusstsein handeln, dass er zur Vermögenshingabe rechtlich nicht verpflichtet ist, er also seine Leistung ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung oder einem Gemeinschaftszweck erbringt. Nicht erforderlich ist der Wille, den Bedachten bereichern zu wollen.
Rz. 94
Der Wille zur Unentgeltlichkeit wird als innere Tatsache auf Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach dem allgemein Verkehrsüblichen festgestellt. Ausreichend ist, wenn der Zuwendende die Tatsachen und Umstände kennt, aufgrund derer eine Zuwendung als objektiv unentgeltlich qualifiziert werden kann. Bei privatschriftlichen und notariell beurkundeten Schenkungen wird der Wille zur Freigebigkeit unterstellt. Dem steht es gleich, wenn eine vereinbarte Gegenleistung einvernehmlich nicht ausgeführt oder diese rückerstattet wird. Dem Zuwendenden obliegt es in diesen Fällen, zu belegen, dass ein Wille zur Freigebigkeit nicht gegeben war.
a) Zuwendungen im Geschäftsleben
Rz. 95
Zuwendungen im Geschäftsleben (z.B. Werbegeschenke, Zuwendungen an Angestellte anlässlich eines Jubiläums, aber auch Schmiergelder, dazu siehe oben Rdn 11) beinhalten regelmäßig keine gewollte unentgeltliche Zuwendung, obwohl an sich die aufgezeigten Anforderungen an den Willen zur Freigebigkeit erfüllt sind. Eine Schenkungsteuerpflicht wird von der Rechtsprechung aber für Zuwendungen im Geschäftsleben als zu weitgehend empfunden und der Tatbestand von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG weiter eingeschränkt: Erfolgen die Zuwendungen im Geschäftsleben nahezu ausschließlich mit dem Ziel, die Geschäfte des Zuwendenden zu fördern, verdrängt diese Motivationslage den Willen zur Unentgeltlichkeit. Lässt sich dies von dem Zuwendenden belegen, scheidet nach Ansicht des BFH eine Schenkung aus, obwohl die Motive für eine Zuwendung ansonsten grds. unbeachtlich sein sollen.
b) Ehebedingte Zuwendungen
Rz. 96
Der BFH bejaht in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung bei unbenannten ehebedingten Zuwendungen (vgl. Rdn 19 f.) sowohl eine objektiv unentgeltliche Leistung als auch den Willen zur freigebigen Zuwendung und damit eine steuerpflichtige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 ErbStG. Unbeachtet lässt er, dass die Vermögensverschiebungen vor dem Hintergrund familienrechtlicher Beziehungen und zur Regelung dieser Verhältnisse erfolgen und insoweit regelmäßig gerade keine rechtlich verbindlichen Geschäfte zwischen den Ehepartnern beabsichtigt sind. Hierbei soll es sich – anders als bei den Zuwendungen im Geschäftsleben – um ein unbeachtliches Motiv des Zuwendenden handeln. Dies gilt beispielsweise, wenn die Zuwendung dem Ausgleich für geleistete Mitarbeit des bedachten Ehegatten oder dessen angemessener Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens dienen soll.
c) Leistungen im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften
Rz. 97
Leistungen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft können im Wege des abgekürzten Leistungsweges eine Schenkung an einen oder mehrere Mitgesellschafter beinhalten, wenn die Zuwendung mit der Absicht erfolgt, neben der Förderung des Gesellschaftszwecks auch eine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter vorzunehmen. Dieses subjektive Absichtsmoment ist nach Ansicht der Finanzverwaltung anhand folgender objektiver Umstände festzustellen bzw. zu verneinen:
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Handelt es sich bei den Gesellschaftern um fremde Dritte, ist grds. davon auszugehen, dass die Leistung allein der Förderung des Gesellschaftszwecks dient. Die Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter stellt nach der bisherigen Rechtslage insoweit einen bloßen Reflex der zweckfördernden Maßnahme dar. Eine freigebige Zuwendung kam nur in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles dies rechtfertigen. Ein solcher besonderer Umstan... |