Rz. 25
Zur Wahrung der Frist muss der Bescheid vor Fristablauf das Finanzamt so verlassen haben, dass er wirksam bekannt gegeben wird (§ 169 Abs. 1 S. 3 AO), wobei nach der Rechtsprechung der Bescheid auch vor Ablauf der Frist zugegangen sein muss. Wird der Bescheid zwar vor Ablauf der Frist versandt, scheitert aber die Bekanntgabe wegen eines Bekanntgabemangels, so wahrt die neuerliche Versendung des Bescheides nach Fristablauf die Frist selbst dann nicht, wenn dieser inhaltlich identisch ist. Die Wahrung der Frist durch rechtzeitige wirksame Bekanntgabe hat das Finanzamt nachzuweisen. Sind am Feststellungsverfahren mehrere Personen beteiligt und wird vor Ablauf der Frist der Bescheid nur einem Beteiligten bekanntgegeben, so entfaltet der Feststellungsbescheid vorbehaltlich der Anwendung des § 154 Abs. 3 BewG nur diesem gegenüber Wirkung. Wird der Bescheid nach Eintritt der Verjährung bekanntgegeben, so ist dieser wirksam, aber rechtswidrig. Solange er nicht im Änderungs- oder Einspruchsverfahren aufgehoben wurde, entfaltet er gleichwohl die Bindungswirkung des § 182 Abs. 1 AO, so dass die Steuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern sind.
Rz. 26
Ist eine Feststellung unterblieben, kann die Feststellung trotz Ablaufes der regulären Verjährung gem. § 181 Abs. 5 AO nachgeholt werden, wenn die Feststellung für eine Steuerfestsetzung, bei der noch nicht Verjährung eingetreten ist, von Bedeutung ist.
Beispiel 1
Der Vater schenkt seinem Sohn ein Grundstück mit einem Wert von 300.000 EUR. Eine Feststellung unterbleibt, da die Freigrenze des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG von 400.000 EUR nicht überschritten ist. Nach fünf Jahren schenkt der Vater dem Sohn 300.000 EUR in bar. Da die Zuwendungen innerhalb der Zehnjahresfrist des § 14 Abs. 1 ErbStG bewirkt wurden, sind die Werte für die Besteuerung der zweiten Zuwendung zusammenzurechnen. Damit erlangt der Grundstückswert für eine Steuerfestsetzung, nämlich die der Barschenkung, Bedeutung. Da dort die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist, kann die Feststellung nach § 181 Abs. 5 AO nachgeholt werden.
Beispiel 2
Der Sohn erwirbt einen Betrieb von Todes wegen (geschätzter Wert: 2 Mio. EUR). Nach Abzug des Abschlages (§ 13b Abs. 4 ErbStG) wäre der Wert in Höhe von 300.000 EUR (15 %) anzusetzen. Da die Freigrenze des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG von 400.000 EUR nicht überschritten ist und damit der Wert für die Besteuerung nicht von Bedeutung ist, wird auf die Durchführung des Feststellungsverfahrens verzichtet. Im fünften Jahr veräußert der Sohn den Betrieb, so dass ein Wert von ca. 729.000 EUR (3/7 von 1,7 Mio. EUR) nachzuversteuern ist. Die Veräußerung stellt ein rückwirkendes Ereignis für die Steuerfestsetzung dar (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO), so dass der Berücksichtigung im Steuerbescheid die Verjährung nicht entgegensteht (§ 175 Abs. 1 S. 2 AO). Die Feststellung des Betriebswertes kann daher nach § 181 Abs. 5 AO nachgeholt werden.
Kann der Feststellungsbescheid nicht bei allen, sondern ggf. nur bei einer oder wenigen Steuerfestsetzungen Bedeutung erlangen (z.B. nur einer oder wenige Erben haben durch Einspruch den Eintritt der Festsetzungsverjährung nach § 171 Abs. 3a AO aufgeschoben), so kommt der Erlass des Feststellungsbescheides nach § 181 Abs. 5 AO nur insoweit in Betracht, wie er noch nicht verjährte Steuerfestsetzungen betrifft. Im Übrigen bleibt es beim Eintritt der Feststellungsverjährung, da § 181 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 AO ausdrücklich den Hinweis enthält, dass die durch den Erlass des Feststellungsbescheides ausgelöste Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 10 AO) insoweit nicht eintritt. Folge kann also sein, dass bei Miterben unterschiedliche Werte zum Ansatz kommen.
Rz. 27
In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass der Bescheid den Hinweis auf § 181 Abs. 5 S. 1 AO enthält. Durch diesen Hinweis wird die Bindungswirkung des § 182 Abs. 1 AO auf die Bescheide beschränkt, die noch nicht verjährt waren. Der in einem angefochtenen Feststellungsbescheid fehlende Hinweis nach § 181 Abs. 5 S. 2 AO kann in einem der Einspruchsentscheidung vorangehenden Änderungsbescheid nachgeholt werden, ohne dass es hierzu einer gesonderten Korrekturvorschrift bedarf. Bescheide, die bereits verjährt waren, können nicht mehr geändert werden. § 181 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 AO stellt klar, dass in diesem Fall auch eine Ablaufhemmung beim verjährten Bescheid nach § 171 Abs. 10 AO nicht in Betracht kommt. Führte der Vermögenswert bereits beim Ersterwerb zu einer Steuer und wirkt er sich über die Zusammenrechnung späterer Erwerbe erneut aus (§ 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG), ist bei einer Änderung des ersten Wertes bereits die erste Steuerfestsetzung zu ändern. Da § 14 Abs. 2 ErbStG den Eintritt der Festsetzungsverjährung in Fällen hemmt, in denen aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses (z.B. Antrag nach Art. 3 ErbStRG) die Steuerfestsetzung zu ändern ist, auch für den Steuerbescheid des späteren Erwerbs hemmt, bleibt eine Änderung des Feststellungsbescheides auch nach Ablauf der regulären F...