Raymond Halaczinsky, Ulrich Gohlisch
Rz. 90
Ein Bankinstitut muss nach der Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 8.11.2007 bei einem Auszahlungsbetrag, bei dem es sich um eine der Höhe nach nicht unbeträchtliche Auslandsüberweisung aus Anlass der Abwicklung eines Erbfalles handelt, vor Durchführung des Überweisungsauftrags von sich aus Nachforschungen über das Bestehen der Erbschaftsteuerpflicht anstellen und bei der für die Prüfung dieser Frage zuständigen Finanzbehörde die Erteilung einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragen, um den Vorwurf fahrlässigen Verhaltens und mithin eine Inanspruchnahme mit Sicherheit zu vermeiden. Zur Begründung hat das Gericht unter anderem auf die Entscheidungen des BFH vom 12.8.1964 und vom 18.7.2007 verwiesen. Das Finanzgericht Köln hat sich in seiner Entscheidung auch mit der Frage auseinandergesetzt, womit, d.h. mit welcher Masse der Gewahrsamsinhaber haftet und wofür, also mit welchem maximalen Umfang er haftet. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Haftung nicht nur einen Teil der Steuer (den beim Schuldner nicht beizutreibenden Teil), sondern die gesamte Steuerschuld umfasst. Werkmüller hält es für streitig, ob die Bank auch für dasjenige Vermögen haftet, welches sie in Erfüllung des lebzeitig mit dem Erblasser abgeschlossenen Vertrages zugunsten Dritter an die Erbin ausgekehrt hat, und darüber hinaus, ob sich die Haftung auf die festgesetzte Erbschaftsteuer "in toto" oder nur pro ratarisch auf den Anteil des bei ihr verwahrten Erblasservermögens bezieht. Der BFH hat am 12.3.2009 entschieden, dass sich die Haftung der Bank nach § 20 Abs. 6 ErbStG bis zur Höhe des ausgezahlten Betrags auf den gesamten dem Erben anfallenden Erwerb von Todes wegen einschließlich eines Erwerbs aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall bezieht. Soweit die Haftung des Kreditinstituts gem. § 20 Abs. 6 S. 2 ErbStG auch dann eingreift, wenn der nicht im Geltungsbereich des ErbStG wohnhafte Berechtigte nicht Erbe ist, sondern Vermögen ausschließlich aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall erworben hat, ist das für die Haftung erforderliche Verschulden nur anzunehmen, wenn das Kreditinstitut dem Berechtigten das Vermögen nach Veröffentlichung dieser Entscheidung im BStBl 2009 vom 12.10.2009 zur Verfügung gestellt hat. Kein "Bringen", sondern ein "Zurverfügungstellen" liegt vor, wenn eine Sparkasse auf Anweisung der Alleinerbin Teile der bei ihr geführten Bankguthaben des Erblassers ins Ausland überweist. Da eine Bank bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten darf, kann dies den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 6 ErbStG eröffnen, wenn einer der Miterben im Ausland wohnhaft ist, selbst wenn die Auszahlung an einen im Inland wohnhaften Miterben erfolgen soll. In einem solchen Fall kann von der Bank nicht verlangt werden, ihren vertraglichen Verpflichtungen im Verhältnis zum Bankkunden nachzukommen und gleichzeitig eine eigene Haftung gem. § 20 Abs. 6 ErbStG in Kauf zu nehmen. Die Auszahlung bzw. Freigabeforderung stellt – solange kein ausreichender Nachweis der steuerlichen Unbedenklichkeit vorliegt – eine unzulässige Rechtsausübung dar.