Rz. 1

§ 17 ErbStG erhöht für Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder Kinder den persönlichen Freibetrag, indem neben dem Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt wird.[1] Im Grunde handelt es sich hier um eine gesetzlich geregelte Billigkeitsregelung, nach der private Versorgungsbezüge teilweise den steuerbefreiten gesetzlichen Versorgungsbezügen gleichgestellt werden. Für die Gewährung des Versorgungsfreibetrags ist nicht Voraussetzung, dass ein speziell zur Versorgung bestimmtes Vermögen übergeht, z.B. Versorgungsrenten, Lebensversicherung[2] u. dgl. Denn grundsätzlich ist jedes werthaltige Vermögen für eine Hinterbliebenenversorgung geeignet. Der besondere Versorgungsfreibetrag wird nicht oder nur anteilig gewährt, wenn und soweit der Ehegatte/Lebenspartner/das Kind schon steuerfrei eine Hinterbliebenenversorgung "geerbt" hat.

Bisher wird dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner und den Kindern des Erblassers der besondere Versorgungsfreibetrag nur im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht gewährt (§ 17 Abs. 1 und 2 ErbStG i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ErbStG). Dies verstößt gegen EU-Recht. Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften[3] ist § 17 ErbStG europarechtskonform ausgestaltet worden; Näheres siehe Rdn 12.

 

Rz. 2

Der Anwendungsbereich des § 17 ErbStG beschränkt sich auf Erwerbe von Todes wegen i.S.v. § 3 ErbStG. Ausnahmsweise wird er auch gewährt, wenn ein Ehegatte/Lebenspartner zu Lebzeiten des anderen Ehegatten als Abfindung für einen Erbverzicht ein Leibrentenstammrecht erwirbt (Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG), das bis zum Tod des anderen Ehegatten aufschiebend bedingt ist (vgl. R E 1.1 S. 3 Nr. 7 ErbStR2019). Bei eingetragenen Lebenspartnern kommt gem. § 37 Abs. 5 ErbStG ggf. der Versorgungsfreibetrag aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG (siehe dazu § 15 ErbStG Rdn 4) rückwirkend zur Anwendung, soweit Steuerbescheide für Erwerbe von Lebenspartnern noch nicht bestandskräftig sind (H E 37 ErbStH 2019).

Den besondere Versorgungsfreibetrag können Erwerber der Steuerklasse I Nr. 1 (Ehegatten/Lebenspartner) und Steuerklasse I Nr. 2 (Kinder) erhalten; er tritt zu dem persönlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (für Ehegatten), nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für die dort genannten Kinder. Er kommt auch bei der Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Ehegatten/Lebenspartner/Kinder in Betracht. Näheres siehe Rdn 12 und Kommentierung zu § 2 ErbStG.

[1] Nach BFH v. 24.4.2013 – II R 65/11, BStBl II 2013, 633 sind Erwerber der Steuerklasse II wie etwa Geschwister nicht von Verfassungs wegen erbschaftsteuerrechtlich wie Ehegatten oder Lebenspartner gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b, § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 17 und § 19 Abs. 1 ErbStG zu behandeln.
[2] Siehe u.a. Kühn, ZErb 2012, 177; Pahlke, NWB 2000, 927.
[3] Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) v. 23.6.2017, BGBl I 2017, 1682.

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