Rz. 226
Eine Ausnahme von der Verwaltungsvermögensqualifikation besteht gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG für solchen Dritten zur Nutzung überlassenen Grundbesitz, der dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens bzw. einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zuzuordnen ist, deren Hauptzweck in der Vermietung von Wohnungen besteht, wenn die Erreichung dieses Zwecks einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO erfordert.
Rz. 227
Von der Ausnahmeregelung erfasst werden sämtliche überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten, die zum Betriebsvermögen eines i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG qualifizierten Unternehmens gehören, und zwar unabhängig von der Art ihrer jeweiligen Nutzung im konkreten Einzelfall. Voraussetzung ist lediglich, dass sie (unmittelbar) dem Betriebsvermögen eines solchen Unternehmens zuzuordnen sind. Das ist der Fall bei Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen eines entsprechenden Einzelunternehmens sowie bei Zugehörigkeit zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft und schließlich bei Zugehörigkeit zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft. Die Zugehörigkeit zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters genügt demgegenüber nicht.
Rz. 228
Ein Wohnungsunternehmen i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG liegt im Übrigen nur dann vor, wenn zum einen der Hauptzweck des zu prüfenden Betriebs (nicht des Erwerbsgegenstandes, vgl. Rdn 231) in der Vermietung von Wohnungen i.S.v. § 181 Abs. 9 BewG besteht und zum anderen die Erfüllung dieses Hauptzwecks einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO erfordert.
Rz. 229
Eine Wohnung i.S.v. § 181 Abs. 9 BewG muss eine Wohnfläche von mindestens 23 qm aufweisen. Im Übrigen handelt es sich um die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbstständigen Haushalts möglich ist, sie muss von anderen Wohnungen oder Räumen baulich getrennt sein und eine in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden, die einen selbstständigen Zugang hat. Das Vorhandensein aller für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendigen Räume und Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) ist konstitutiv.
Im Übrigen sind die Anforderungen allerdings nicht allzu hoch, so dass beispielsweise auch ein Ferienhaus ohne Telefon-, Internet- oder andere Anschlüsse als Wohnung anzusehen ist.
Rz. 230
Der Hauptzweck des Betriebs besteht in der Vermietung von Wohnungen, wenn diese den überwiegenden Teil der betrieblichen Tätigkeit ausmacht. Das gilt auch dann, wenn – sozusagen im "Nebenzweck" – Grundstücke oder Grundstücksteile (einschließlich Wohnungen) vermietet werden, die nicht zu Wohnzwecken, sondern z.B. auch zu gewerblichen, freiberuflichen oder öffentlichen Zwecken genutzt werden.
Trotz der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Stichtagsprinzips auch im Bereich der Feststellung des Verwaltungsvermögens geht die Finanzverwaltung davon aus, dass auch zur Vermietung bestimmte Wohnungen (oder andere Grundstücke bzw. Grundstücksteile), die am Stichtag – beispielsweise wegen Mieterwechsels oder Modernisierungsmaßnahmen – unvermietet sind, entsprechend ihrer Zweckbestimmung (Vermietung) wie vermietete Wohnungen (oder anderweitig genutzte Grundstücke bzw. Grundstücksteile) zu behandeln sind.
Die Feststellung, nach welchen Kriterien der Hauptzweck des Betriebs von anderweitigen Aktivitäten abzugrenzen ist, war in der Literatur zunächst unklar. Nach Auffassung der Finanzverwaltung bilden jedoch allein die Grundbesitzwerte den anzuwendenden Entscheidungsmaßstab. Es sind daher die Grundbesitzwerte der zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücke bzw. Grundstücksteile zur Summe der Grundbesitzwerte aller vermieteten Grundstücke ins Verhältnis zu setzen. Qualitative Gesichtspunkte oder auch das Verhältnis der erwirtschafteten Umsätze oder Erträge spielen indes keine Rolle.
Vorgaben, wie im Anwendungsbereich von § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG die maßgeblichen Grundbesitzwerte zu ermitteln sind, enthält das Gesetz nicht. Auch die Finanzverwaltung hat sich hierzu nicht geäußert. Anhaltspunkte dafür, dass, wie im Schrifttum teilweise vertreten, für alle Immobilien einheitlich das Ertragswertverfahren angewendet werden müsste, bestehen nicht. Vielmehr deuten die Vorgaben des BewG für die Bewertung einzelner Grundstücksarten darauf hin, dass diese auch für die Bewertung des Immobilienbesitzes von Wohnungsunternehmen maßgeblich sein müssen.
Rz. 231
Die Frage, ob der Hauptzweck des Unternehmens in der Wohnungsvermietung besteht, ist jeweils betriebsbezogen zu beurteilen, nicht für das gesamte auf den Erwerber übergehende Vermögen.