Rz. 58
Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn der Abfindungsanspruch der Erben durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen beschränkt ist. Dann besteht eine Steuerpflicht gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG.
Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung für die Rechtsnachfolge in Gesellschaftsanteile (sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften), bei der das Gesetz zwei Fiktionen aufstellt, nämlich zum einen, dass der Anteilserwerb durch Anwachsung unentgeltlich erfolge und zum anderen, dass der Umfang dieses Vermögenszuwachses in der Differenz zwischen dem steuerlich maßgeblichen Wert des Anteils im Todeszeitpunkt und dem Wert der tatsächlich zu begleichenden Abfindungsansprüche Dritter (insb. der Erben des verstorbenen Gesellschafters) bestehe. Eine sich in einer tatsächlichen Zahllast auswirkende Erbschaftsteuerpflicht entsteht also nur, wenn bzw. soweit der gem. § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG festzustellende Anteilssteuerwert über dem Wert des Abfindungsanspruchs liegt.
Rz. 59
Da § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG den steuerpflichtigen Erwerb aufgrund des Eingreifens einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel als Erwerb von Todes wegen definiert bzw. fingiert, ist der Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b und 19a ErbStG sowie der §§ 13c, 28 und 28a ErbStG grds. eröffnet.
Rz. 60
Von besonderer Bedeutung ist dabei aber etwa vorhandenes Sonderbetriebsvermögen, das ertragsteuerlich vom jeweiligen Mitunternehmeranteil umfasst wird. Denn anders als der Gesellschaftsanteil unterliegt das Sonderbetriebsvermögen als persönliches Eigentum des Gesellschafters gerade nicht den gesellschaftsvertraglichen Regelungen; es wird daher – unabhängig vom Schicksal der Gesellschaftsbeteiligung – vererbt. Geht das Sonderbetriebsvermögen im Erbfall auf Erben über, die nicht als Mitunternehmer an der Mitunternehmerschaft, aus der der Erblasser durch seinen Tod ausscheidet, beteiligt sind, kommt es durch den Todesfall zu einer (zwangsweisen) Entnahme des Sonderbetriebsvermögens. Handelt es sich insoweit um eine wesentliche Betriebsgrundlage, wurde in der Vergangenheit vertreten, dass deren Entnahme zur ertragsteuerlichen Aufgabe des Mitunternehmeranteils insgesamt führe. Da in diesem Fall – weder aufgrund der Fortsetzungsklausel noch auf andere Weise – ein Mitunternehmeranteil auf die die Gesellschaft fortsetzenden Mitgesellschafter überginge, käme eine Anwendung der Verschonungsregelungen hier grds. nicht in Betracht.
Rz. 61
An diesem Ergebnis sollte sich auch dann nichts ändern, wenn der Erblasser die im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen wesentlichen Betriebsgrundlagen – beispielsweise durch Vermächtnis – den Mitgesellschaftern zuwendete. Denn eine nach dem Stichtag eintretende Wiederbegründung des betrieblichen Zusammenhangs hinsichtlich des Gesamthandsvermögens auf der einen und des Sonderbetriebsvermögens auf der anderen Seite könne die – automatisch mit dem Erbfall – eingetretene Trennung dieses betrieblichen Zusammenhangs nicht wieder rückgängig machen.
Diese Auffassung ist so allerdings nicht haltbar. Denn tatsächlich besteht auch bei der zwangsweisen Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens die Mitunternehmerstellung (gekennzeichnet durch Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative) allein durch die Gesellschaftsbeteiligung fort. So hat beispielsweise das FG Münster – zur einkommensteuerrechtlichen Einordnung – ein zeitliches Auseinanderfallen der Übertragung von Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen im Rahmen einer – auf einem Gesamtplan beruhenden – Erbauseinandersetzung zu Recht für unschädlich (also nicht zu einer Betriebsaufgabe führend) gehalten.
Rz. 62
Auch wenn demzufolge eine akute Gefährdung des Fortbestands des Mitunternehmeranteils (also solchem) ausgeschlossen sein sollte, bleibt aber festzuhalten, dass das Sonderbetriebsvermögen, soweit es nicht auf die Mitgesellschafter übergeht, (zwangsweise und noch durch den Erblasser) entnommen und somit in nicht begünstigtes Privatvermögen umqualifiziert wird. Die Begünstigungsmöglichkeit beschränkt sich daher auf den Wert des Gesellschaftsanteils. Dasselbe gilt natürlich auch für den Fall, dass anderes (nicht wesentliches) Sonderbetriebsvermögen betroffen ist.
Rz. 63
Da Erbfall und Erbauseinandersetzung zwei getrennt zu beurteilende Vorgänge sind, spielt auch beispielsweise die vermächtnisweise Zuwendung solcher Gegenstände an Mitunternehmer insoweit keine Rolle; sie ändert nichts an einer etwa mit dem Erbfall eintretenden Entnahme. Dies gilt auch bei Zuwendung durch Vorausvermächtnis. Zwar hat der BFH bei bloßem (zivilrechtlichem) Durchgangserwerb (für eine juristische Sekunde) die zwingende Begründung wirtschaftlichen Eigentums verneint. Diese Aussage kann aber wohl auf erbrechtliche Konstellationen nicht ohne weiteres übertragen werden, zumal zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung bzw. Vermächtniserfüllung...