Rz. 21
Anders als nach dem bis Ende 2008 geltenden § 13a ErbStG a.F. ist die Verschonung von Produktivvermögen seit dem Erbschaftsteuergesetz 2009 nicht mehr auf inländisches Vermögen beschränkt. Vielmehr kann auch das in einem Staat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums belegene Produktivvermögen begünstigungsfähiges bzw. begünstigtes Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 bzw. Abs. 2 ErbStG sein.
Rz. 22
Maßgeblich ist im Zweifel nicht die geografische Belegenheit eines Vermögensgegenstandes. Vielmehr kommt es auf seine rechtliche Zuordnung, etwa die Zugehörigkeit zum Vermögen einer im EU- bzw. EWR-Raum belegenen Betriebsstätte, an. Demzufolge ist auch die Beteiligung an einer in einem Drittstaat ansässigen Personengesellschaft begünstigungsfähig, wenn diese Teil eines inländischen (oder EU- bzw. EWR-ausländischen) Betriebsvermögens (einschließlich Sonderbetriebsvermögens) ist. Ausländisches Betriebsvermögen im Drittstaat, das diese Qualifikation nicht erfüllt, ist demgegenüber nicht begünstigt. Dazu gehört auch solches Betriebsvermögen, das Gewerbebetrieben zuzuordnen ist, deren wirtschaftliche Einheit sich ausschließlich auf Drittstaaten erstreckt. Gleiches gilt für in Drittstaaten belegene Betriebsstätten von inländischen bzw. EU-/EWR-ausländischen Betrieben.
Rz. 23
Bei Kapitalgesellschaften ist grds. auf deren Sitz oder die Geschäftsleitung abzustellen. Liegen diese im Inland bzw. in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR, eröffnet dies eine Anwendbarkeit von § 13b ErbStG. Die Belegenheit des Vermögens der Kapitalgesellschaft spielt ebenso wie die Frage, wo sie tatsächlich ihre geschäftlichen Aktivitäten entfaltet, keine Rolle. Hieraus folgt, dass zum Beispiel auch eine von einer begünstigten Kapitalgesellschaft gehaltene atypische stille Beteiligung an einem Handelsgewerbe unabhängig von dessen Belegenheit begünstigt sein kann.
Rz. 24
Vom Anwendungsbereich der Begünstigungen ausgeschlossen ist aber der Übergang von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung in Drittstaaten. Dies gilt allerdings nur insoweit, als die Beteiligung an der im Drittstaat ansässigen Kapitalgesellschaft dem Zuwendenden unmittelbar zuzurechnen ist. Gehört sie demgegenüber zum Betriebsvermögen einer inländischen Personengesellschaft, schlägt die Begünstigung des Mitunternehmeranteils insgesamt auch auf die Kapitalgesellschaftsbeteiligung durch, so dass diese (vorbehaltlich von § 13b Abs. 2 ff. ErbStG) ebenfalls in den Anwendungsbereich der Begünstigungsnormen einzubeziehen ist.
Der Ausschluss im Drittstaat ansässiger Kapitalgesellschaften von den Begünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG wurde unter europarechtlichen Gesichtspunkten teilweise in Zweifel gezogen. Der EuGH hat dies allerdings als unvermeidliche Folge der im Verhältnis zu Drittstaaten zulässigen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit angesehen und die Zulässigkeit der Regelung bestätigt. Auf den Aspekt der (weitergehenden) Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) komme es hier nicht entscheidend an.