Rz. 225
Gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG ist die Veräußerung bzw. Aufgabe von Teilbetrieben der von ganzen Gewerbebetrieben bzw. Mitunternehmeranteilen gleichgestellt. Dasselbe gilt gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG auch für wesentliche Betriebsgrundlagen. Ebenfalls sanktioniert wird die Entnahme solcher Gegenstände bzw. ihre Zuführung zu betriebsfremden Zwecken. Da es nach Ansicht des BFH für den Wegfall der Steuerbefreiung irrelevant ist, aus welchen Gründen begünstigt erworbenes Betriebsvermögen veräußert (oder der Betrieb aufgegeben) wird, ist es für den Verstoß gegen die Behaltensregelungen ohne Belang, ob die Veräußerung etc. vom Willen des begünstigten Erwerbers getragen war. Bei Mitunternehmerschaften muss sich der einzelne Gesellschafter ggf. einem etwaigen Mehrheitsvotum seiner Mitgesellschafter unterordnen und die daraus resultierenden steuerlichen Konsequenzen gegen sich gelten lassen. Eine teleologische Reduktion der Nachsteuertatbestände wird von der Rechtsprechung abgelehnt. Allerdings hat der BFH zum Ertragsteuerrecht entschieden, dass die Enteignung einer Immobilie nicht als Veräußerung i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG anzusehen ist. Diese Sichtweise sollte auch für die Erbschaftsteuer maßgeblich sein.
Rz. 226
Zur Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen kann es auch durch die Ausübung der Option zur Körperschaftsteuer nach § 1a Abs. 1 KStG kommen. Denn in diesem Fall sind das betroffene Personenunternehmen "wie eine Kapitalgesellschaft" und seine Gesellschafter wie die "nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln". Dies führt dazu, dass vor der Optionsausübung etwa vorhandenes und begünstigt erworbenes Sonderbetriebsvermögen diese Sonderbetriebsvermögenseigenschaft im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Option verliert. Es wird (jedenfalls ertragsteuerlich) Privatvermögen.
Rz. 227
Dieses Ergebnis könnte durch das gedankliche Modell des "fiktiven Sonderbetriebsvermögens" (für Zwecke des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts) vermieden werden. Für dieses Modell spricht, dass der Gesetzgeber die optierenden Personengesellschaften bewusst dem Anwendungsbereich von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bzw. § 97 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 und Abs. 1a S. 1 BewG unterworfen hat und das (potenzielle) Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen zu den Charakteristika der gewerblichen bzw. gewerblich geprägten Personenunternehmen zählt.
Andererseits wird durch die gesetzgeberische Entscheidung, die Ausübung des Optionsrechts als (fiktiven) Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft zu behandeln, deutlich, dass (jedenfalls für ertragsteuerliche Zwecke) der Fortbestand von Sonderbetriebsvermögen nicht nur nicht vorgesehen ist, sondern die Umqualifizierung in (ertragsteuerliches) Privatvermögen (Entnahme) sogar Ertragsteuerbelastungen auslöst. Eine ertragsteuerneutrale Ausübung der Option setzt demzufolge voraus, dass das bisherige Sonderbetriebsvermögen ins Gesamthandsvermögen übertragen wird. In dieser (idealtypischen) Konstellation treten auch die hier in Rede stehenden erbschaftsteuerlichen Qualifikationsprobleme nicht auf. Eine Nachsteuer auslösende Entnahme erfolgt dann nicht.
Dass der Gesetzgeber auf der einen Seite ertragsteuerlich von einer Entnahmefiktion ausgeht, gleichzeitig aber im erbschaft-/schenkungsteuerlichen Bereich fiktives Sonderbetriebsvermögen existieren bzw. denkbar sein soll, erscheint wenig überzeugend. Hinzu kommt, dass §§ 95, 97 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 BewG für die (über § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG auch in das ErbStG übernommene) Definition des Betriebsvermögens ausdrücklich auf die einkommensteuerrechtlichen Vorgaben zurückgreifen, was dem Modell des fiktiven Sonderbetriebsvermögens im Grunde (leider) den Boden der Vereinbarkeit mit dem Gesetzeswortlaut entzieht.
Rz. 228
Soweit wesentliche Betriebsgrundlagen in ein Drittland (außerhalb des EU-Raums) überführt werden und insoweit nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG eine ertragsteuerliche Entnahme anzunehmen ist, wird dies wahrscheinlich auch die Voraussetzungen des § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG erfüllen.
Rz. 229
Die Begriffe Teilbetrieb und wesentliche Betriebsgrundlage sind nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen abzugrenzen. Es gilt die sog. funktionale Betrachtungsweise. Die im Ertragsteuerrecht ebenfalls mitunter maßgebliche quantitative Betrachtungsweise ist im Bereich des Erbschaftsteuerrechts grds. nicht anwendbar.
Rz. 230
Aus der Sicht von Holding-Gesellschaften können auch die von diesen gehaltenen Beteiligungen wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen, deren Veräußerung für die Behaltensregelung relevant ist. Selbst die Veräußerung von Wirtschaftsgütern (aus einer nachgelagerten Personengesellschaft heraus), die bei einer Ober-Personengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen, kann bei Letzterer als Behaltensfristverstoß anzusehen sein. Allerdings stellt allein die Eröffnung d...