Rz. 235
Nach dem Urteil des BFH vom 24.10.2017 kann ein für die Annahme begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG erforderlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur dann vorliegen, wenn die Gesellschaft neben der Überlassung der Wohnungen Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten und der Vermietungstätigkeit einen originär gewerblichen Charakter i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG verleihen. Es genügt nicht, dass sich die Wohnungen im Betriebsvermögen der Gesellschaft befinden.
Aus der gesetzlichen Definition in § 14 AO ergebe sich, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.d.R. durch die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb begründet werde. Denn dabei sei begrifflich auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 S. 3 AO überschritten.
Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG, die keine originär gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ausübe, sondern lediglich vermögensverwaltend tätig sei, unterhalte keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 S. 1 AO, auch wenn sie ertragsteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und buchführungspflichtig ist.
§ 14 AO knüpfe das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs eigenständig an. Ein Gleichlauf mit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder ein Verweis auf die Einkünfte i.S.d. § 1 EStG bestehe nicht. Demzufolge begründe z.B. die gewerbliche Prägung bei einer vermögensverwaltenden Wohnungsvermietungsgesellschaft ebenfalls keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG. Die Vorschrift stelle ausdrücklich auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ab und verweise zu dessen Definition auf § 14 AO.
Für die im Rahmen des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG vorzunehmende Prüfung, ob die Vermietung von Wohnungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, seien die ertragsteuerrechtlich maßgebenden Abgrenzungskriterien zur Einstufung einer Vermietungstätigkeit als private Vermögensverwaltung oder als gewerbliche Tätigkeit heranzuziehen. Die Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) sei im Regelfall private Vermögensverwaltung und kein Gewerbebetrieb. Dies gelte gleichermaßen für das Ertragsteuerrecht wie für § 14 AO.
Die Vermietung von Grundstücken oder Grundstücksteilen wie etwa Wohnungen sei danach regelmäßig bloße Vermögensverwaltung im Sinne einer Fruchtziehung. Dies gelte auch, wenn es sich um einen großen Wohnungsbestand handele, dessen Vermietung einen erheblichen Einsatz von Arbeitskraft mit sich bringe, die Bautätigkeit des Vermieters einen großen Umfang annehme, der Vermieter beispielsweise als Architekt oder Bauunternehmer über eine besondere Sachkunde verfüge und erhebliches Fremdkapital in Anspruch nehme.
Die Grundstücksvermietung habe dagegen dann einen gewerblichen Charakter, wenn besondere Umstände gegeben seien. Solche besonderen Umstände lägen vor, wenn bei der Vermietung eine Tätigkeit entfaltet werde, die über das normale Maß einer Vermietertätigkeit hinausgeht.
Von einer gewerblichen Vermietungstätigkeit sei daher auszugehen, wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende, bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen – wie z.B. die Übernahme der Reinigung der vermieteten Wohnungen oder der Bewachung des Gebäudes – erbringe oder wegen eines besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter oder Benutzer der Räume eine Unternehmensorganisation erforderlich sei.
Eine andere Auslegung des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG ergebe sich auch nicht aus dessen Entstehungsgeschichte. Soweit die Finanzverwaltung in R E 13b.17 Abs. 3 ErbStR 2011 eine andere Auslegung des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG vertrete, indem sie insbesondere auf den Umfang der Geschäfte und eine umfangreiche Organisationsstruktur zur Durchführung der Geschäfte abstelle und das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs regelmäßig annehme, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält, könne dem nicht gefolgt werden. Verwaltungsvorschriften, zu denen die ErbStR gehörten, seien keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen.
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Festzuhalten ist demnach, dass der BFH im angesprochenen Urteil nicht auf quantitative, sondern allein auf qualitative Merkmale abstellt, um das Kriterium des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 14 AO) zu beurteilen. Dem hat sich das FG Münster angeschlossen. Bereits vor dem BFH hatte auch das FG München ähnlich geurteilt. Außerdem wird teilweise gefordert, dass alle Immobilien in ein und demselben Unternehmen gehalten werden müssten und nicht etwa in Schwester- oder Mutter- und Tochtergesellschaften.