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Die durch eine letztwillige Verfügung von Todes wegen durch den Erblasser bestimmte Vor- und Nacherbschaft gibt ihm die Möglichkeit, dass sein Nachlassvermögen zunächst beim Vorerben anfällt und dann zu einem späteren Zeitpunkt, wobei er bestimmen kann, bei welchem Bedingungseintritt dies der Fall sein soll, beim Nacherben anfällt. Der Erblasser kann also damit, sofern er die Nacherbschaft mit dem Tod des Vorerben eintreten lässt, für eine lange Zeit auch nach seinem Tod sicherstellen, was mit seinem Vermögen geschehen soll. Im Zeitpunkt des Vorerbfalls erhält der Nacherbe lediglich ein Anwartschaftsrecht, erst mit Eintritt des Nacherbfalls erhält er das Nachlassvermögen, welches vom ursprünglichen Erblasser stammt, denn beim Vorerben bildet dieses Vermögen ein Sondervermögen. Der Nacherbe hat dabei ein Wahlrecht nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG, wonach er durch Antrag bestimmen kann, ob beim Eintritt des Nacherbfalls das Verhältnis zum Vorerben oder das zum Erblasser zugrunde gelegt wird.
Die Steuer für den Nacherbfall entsteht erst im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h ErbStG. Der Bestand des Nachlassvermögens, welches beim ersten Erbfall beim Vorerben vorhanden ist, kann sich im Laufe der Zeit trotz der Intention des Erblassers, das Vermögen als solches für den Nacherben erhalten zu wollen, verändern. Zwar ist der Vorerbe nach §§ 2112 ff. BGB erheblich in seinen Verfügungsbefugnissen über dieses Sondervermögen eingeschränkt, dennoch können im Laufe der Zeit Gegenstände, die sich ursprünglich im Nachlassvermögen befanden, im Wege der Surrogation durch andere ersetzt werden oder aber weil sie mit Mitteln der Nachlasses erworben wurden. § 2111 BGB regelt ausdrücklich, dass die Surrogation immer dazu führt, dass der Vorerbe, der mit Mitteln des Nachlasses Gegenstände erwirbt oder ursprüngliche Gegenstände des Nachlasses durch andere ersetzt, diese immer in das Sondervermögen einlegt und nicht in sein davon getrenntes eigenes sonstiges Vermögen. Der Nacherbe trägt die Beweislast dafür, dass sich der Bestand des Nachlassvermögens im Wege der Surrogation tatsächlich verändert hat. Der Nacherbe trägt nach § 6 ErbStG die Feststellungslast dafür, dass der Nachlass des Vorerben der Nacherbfolge unterliegendes Vermögen enthält, sowie für die Höhe dieses Vermögens. Der Nacherbe muss also nachweisen, welche Vermögensteile im Nachlass des Vorerben der Nacherbschaft unterlagen und somit Sondervermögen bei dem Vorerben gebildet haben. Der Umfang des Rechts des Nacherben bestimmt sich nach § 2110 BGB danach, was dem Vorerben anfällt, und dies kann im Zweifel auch Erweiterungen umfassen, die durch Wegfall eines Miterben nach § 1935 BGB, durch Anwachsung nach § 2094 BGB oder Ersatzberufung nach § 2096 BGB beim Vorerben entstehen. Der Vorerbe ist nach § 2121 BGB zwingend dazu verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen; davon kann der Erblasser ihn nicht befreien. Der Vorerbe hat darin die im Zeitpunkt der Errichtung, nicht des Erbfalls, vorhandenen Nachlassgegenstände aufzulisten; ausgeschiedene Gegenstände sind nicht aufzunehmen, aber deren Surrogate. Nach § 2122 BGB ist der Vor- wie der Nacherbe berechtigt, einen Sachverständigen zu beauftragen, der den Zustand des Nachlasses feststellt. Sämtliche während der Vorerbschaft anfallenden Nutzungen gebühren dem Vorerben nach § 2111 Abs. 1 S. 1 BGB, alle während dieser Zeit anfallenden Aufwendungen, die der gewöhnlichen Erhaltung dienen, sind vom Vorerben nach § 2124 BGB zu tragen.