Rz. 297
Die Finanzmittel i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG sind im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen typisierenden Betrachtung als betriebsnotwendig und daher nicht als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren, soweit ihr Wert entweder nicht größer als Null ist oder – unter weiteren Voraussetzungen (vgl. Rdn 299) – einen Anteil von 15 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens (des jeweils zu untersuchenden Unternehmens) nicht übersteigt (Sockelbetrag). Dieser Sockelbetrag ist gesetzestechnisch als Freibetrag (nicht als Freigrenze) ausgestaltet, so dass die (nicht jungen) Finanzmittel bis zur Höhe von 15 % des gemeinen Werts des Betriebsvermögens begünstigt übertragen werden können, auch wenn die insgesamt vorhandenen Finanzmittel einen deutlich höheren Wert haben. Wird der Sockelbetrag durch die vorhandenen Finanzmittel nicht ausgeschöpft, kann der nicht ausgeschöpfte Teil aber nicht mit anderem Verwaltungsvermögen verrechnet werden.
Wie sich deutlich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, ist der Sockelbetrag (erst) nach der Schuldenverrechnung anzuwenden (und auch nur dann, wenn dann überhaupt noch Finanzmittel im Wert von mehr als Null vorhanden sind).
Rz. 298
Da der Gesetzeswortlaut weitere Einschränkungen nicht enthält, ist davon auszugehen, dass mit dem "anzusetzenden Wert des Betriebsvermögens" tatsächlich dessen Gesamtwert (Unternehmenswert) gemeint ist, ohne den Abzug des Werts des (sonstigen) Verwaltungsvermögens oder anderweitige Anpassungen. Gleichzeitig stellt die Formulierung klar, dass dieser Unternehmenswert mit dem nach § 11 BewG für die Besteuerung der begünstigten Übertragung anzusetzenden Wert identisch ist. Erfolgt also beispielsweise die Besteuerung auf der Grundlage des durch Gutachten nachgewiesenen Ertragswerts (§ 11 Abs. 2 S. 2 BewG), kann zur Bestimmung des Sockelbetrages nicht auf einen etwa höheren Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) zurückgegriffen werden.
Im Falle der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften kommt es also auf den gemeinen Wert der übertragungsgegenständlichen Anteile an. Bei Beteiligungen an Personengesellschaften ist der Wert des Mitunternehmeranteils (also einschließlich etwaigen Sonderbetriebsvermögens) maßgeblich.
Rz. 299
Voraussetzung dafür, dass überhaupt betriebsnotwendige Finanzmittel vorliegen und die im Gesetz vorgesehene 15 %-Grenze zur Anwendung kommen kann, ist nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 4 ErbStG, dass der jeweilige (nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigungsfähige) Betrieb seinem Hauptzweck nach originär gewerblich (landwirtschaftlich oder freiberuflich) tätig ist. Es muss sich insoweit um Tätigkeiten i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder/und § 13 Abs. 1 oder/und § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG handeln; eine gewerbliche Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) erfüllt diese Anforderung ausdrücklich nicht. Dasselbe gilt für alle Unternehmen, wenn ihr Vermögen (unmittelbar) einer dem Hauptzweck nach vermögensverwaltenden Tätigkeit dient oder es einer Gesellschaft dient, die nicht überwiegend eine land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt. Auf diese Weise ist ausgeschlossen, dass Modelle, die in die Fußstapfen der aus der Vergangenheit bekannten "Cash-GmbH" treten könnten, zur Erzielung – gesetzgeberisch und auch verfassungsrechtlich – nicht gewünschter Mitnahmeeffekte eingesetzt werden könnten.
Für den Fall, dass der Finanzmitteltest bei einer Gesellschaft durchzuführen ist, genügt es nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 5 ErbStG, wenn es sich bei dieser Gesellschaft um eine i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG (also gewerbliche) oder/und § 13 Abs. 7 EStG (also land- und forstwirtschaftliche) oder/und § 18 Abs. 4 S. 2 EStG (also freiberufliche) handelt und diese die Voraussetzungen des § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 4 ErbStG erfüllt.
Um zu vermeiden, dass der soeben beschriebene Hauptzweck-Ansatz überbordende Wirkungen entfaltet und beispielsweise für (reine) Holdinggesellschaften zu einem Begünstigungshemmnis führt, genügt es (nach dem Wortlaut des Gesetzes), wenn die originär gewerbliche (landwirtschaftlich oder freiberufliche) Tätigkeit nicht unbedingt durch das übertragungsgegenständliche Unternehmen bzw. die Gesellschaft selbst, sondern auch durch dieser nachgeordnete Unternehmen ausgeübt wird (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 4 Alt. 2 ErbStG).
Rz. 300
Was die Abgrenzung des Hauptzwecks angeht, enthält das Gesetz keine konkreten Vorgaben; auch die Finanzverwaltung äußert sich hierzu nicht. Praktisch handhabbar und auch mit dem Gesetzeszweck vereinbar scheint das Abstellen auf den Umfang bzw. die Relationen der aus dem begünstigungsfähigen (und potenziell begünstigten) Vermögen erzielten Erträge, wobei davon auszugehen ist, dass diejenigen Aktivitäten, aus denen mehr als die Hälfte der Erträge erwirtschaftet werden, den Hauptzweck determinieren.
Fraglich bleibt aber dessen ungeachtet, ob insoweit die durchschnittlichen ...