Rz. 18
In § 14 Abs. 1 S. 2–5 sowie Abs. 3 ErbStG ist die Steuerberechnung im Fall der Zusammenrechnung geregelt. Die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe führt zu einem Gesamterwerb, für den die Steuer nach Maßgabe des Erbschaftsteuerrechts, das zur Zeit des letzten Erwerbs (Entstehungszeitpunkt nach § 9 ErbStG) gilt, errechnet wird; gleichwohl ist der Letzterwerb der maßgebende Steuersachverhalt.[57] Die Steuer für den Gesamtbetrag ist auf der Grundlage der geltenden Tarifvorschriften im Zeitpunkt des Letzterwerbs zu berechnen. Die Zusammenrechnung erfolgt mit den früheren bzw. dem aktuellen Bruttowert(en) ohne Abzug der persönlichen Freibeträge.
Da möglicherweise für den oder die Vorerwerbe schon Steuern gezahlt worden sind, müssen diese natürlich noch von der Steuer für den Gesamterwerb abgezogen werden. Diese sog. Abzugsteuer ist nach § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG fiktiv zu berechnen, dazu Rdn 20. Ist allerdings die tatsächlich zu entrichtende Steuer auf die Vorerwerbe höher, ist diese abzuziehen (§ 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG); dazu Rdn 21. Die Höhe der Abzugsteuer wird nach § 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG auf den Betrag begrenzt, zu dem der letzte Erwerb ohne Zusammenrechnung versteuert werden muss. Dieser Betrag bildet eine Untergrenze der Steuer für den Gesamterwerb. Vorerwerbe, für die sich nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften kein positiver Wert ergeben hat, sind grds. nicht in die Zusammenrechnung einzubeziehen (§ 14 Abs. 1 S. 5 ErbStG).
Insgesamt führt dies zu folgender schematischer Berechnungshilfe:
Rz. 19
Berechnungsschritte | Bemessungsgrundlage | Steuer |
---|---|---|
1. Berechnung der Steuer für alle Erwerbe | ||
Steuerwert des aktuellen Erwerbs | ||
+ frühere Erwerbe nach ihrem frühen Steuerwert | ||
– akt. Freibeträge § 16 ErbStG | ||
– (ggf.) Freibeträge § 17 ErbStG | ||
akt. Steuersatz § 19 ErbStG | ||
Steuer vor Anrechnung (Sp. 3) | ||
2. Berechnung der abzuziehenden Steuer | ||
frühere Erwerbe nach ihrem Steuerwert | ||
– akt. Freibeträge (nur nach) § 16 ErbStG | ||
akt. Steuersatz | ||
fiktive Steuer | ||
3. Vergleich mit der tatsächlich zu entrichtenden Steuer | ||
4. grundsätzlich Abzug der höheren Steuer | ||
aber: Kappung des Abzuges | ||
Steuerwert des aktuellen Erwerbs | ||
– akt. Freibeträge nach §§ 16, 17 ErbStG | ||
akt. Steuersatz | ||
Steuer des aktuellen Erwerbs | ||
5. Abzug der höheren (fiktiven/tatsächlich entrichteten) Steuer (maximal bis zur Steuer des aktuellen Erwerbs) (Sp. 3) | ||
Steuer nach § 14 Abs. 1 ErbStG (Sp. 3) | ||
6. Festzusetzende Steuer | ||
Steuer nach § 14 Abs. 1 ErbStG | ||
oder 50 % des aktuellen Erwerbs (§ 14 Abs. 3 ErbStG) | ||
Der kleinere der beiden Beträge ist festzusetzen |
Beispiel
V schenkt dem S im Jahre 2018 600.000 EUR. In 2020 schenkt V dem S weitere 350.000 EUR.
Lösung
Die beiden innerhalb von 10 Jahren erfolgten Erwerbe sind zusammenzurechnen, und zwar auch der frühere Erwerb mit dem damals geltenden Steuerwert (z.B. der damalige Kurswert von Aktien im Zeitpunkt der früheren Schenkung). Hier ist die gesetzliche Formulierung eindeutig. Hinzuzurechnen sind die früheren Erwerbe "nach ihrem früheren Wert".
1. Schritt:
Zusammenrechnung: 600.000 EUR frühere Schenkung + 350.000 EUR neue Schenkung = 950.000 EUR
Steuer für den Gesamterwerb: 950.000 EUR ./. Freibetrag v. 400.000 EUR ergibt 550.000 EUR mal Steuersatz Steuerklasse I 15 % ergibt 82.500 EUR (Sp. 3). Hiervon ist gem. § 14 Abs. 2–4 ErbStG die Steuer abzuziehen, die auf den früheren Erwerb auf der zur Zeit der letzten Schenkung geltenden Rechtsgrundlage entfällt.
2. Schritt:
Steuer für den Vorerwerb: 600.000 EUR ./. Freibetrag v. 400.000 EUR ergibt 200.000 EUR mal Steuersatz Steuerklasse I 11 % ergibt 22.000 EUR (Sp. 3).
3. bis 5. Schritt:
Fiktive Abzugsteuer: 600.000 EUR ./. verbrauchter Freibetrag v. 400.000 EUR ergibt 200.000 EUR mal Steuersatz Steuerklasse I 11 % ergibt 22.000 EUR.
Fiktive = Tatsächliche Abzugsteuer: = 22.000 EUR sind abzuziehen.
6. Schritt: Ermittlung der festzusetzenden Steuer
Festzusetzende Steuer für den Gesamterwerb: 82.500 EUR ./. 22.000 EUR = 60.500 EUR (Sp. 3).
Eine Kappung scheidet hier aus, weil die Steuer unterhalb von 50 % des aktuellen Erwerbs liegt.
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