Rz. 5

Steuerschuldner ist nach § 20 Abs. 1 ErbStG der Erwerber. Wer Erwerber ist, ergibt sich nicht in jedem Fall aus § 20 ErbStG, sondern in vielen Fällen nur mittelbar aus den §§ 3, 7 und 8 ErbStG. Mittelbar deshalb, weil auch in den drei zuvor genannten Paragrafen nicht explizit genannt wird, wer Erwerber ist, sondern nur, was als Erwerb gilt. Im Fall des Erwerbs von Todes wegen können Erwerber vor allem Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte oder Auflagenbegünstigte sein. Darüber hinaus wird in der folgenden Aufstellung gezeigt, wie breit gefächert der Kreis der Erwerber und damit die Gruppe der möglichen Steuerschuldner bei den Erwerben von Todes wegen[7] nach § 3 ErbStG ist:

[7] Bruschke, UVR 2008, 211.

1. Steuerschuldner bei Erwerben von Todes wegen

 

Rz. 6

 
Bei Erwerben von Todes wegen gilt als Erwerb: Bei Erwerben von Todes wegen gilt demzufolge als Erwerber:

a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

 

Rz. 7

 
der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB)
der Erbe
der Erwerb durch Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB)
der Vermächtnisnehmer[8]
der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. BGB)
der Pflichtteilsberechtigte
[8] FG Hamburg v. 27.9.2011 – 3K 83/11, DStRE 2012, 476, 477. Eine zivilrechtliche Übernahme oder anderweitige Auferlegung der Steuer lässt die Steuerschuldnerschaft des Vermächtnisnehmers unberührt und erhöht die Bemessungsgrundlage.

b) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG

 

Rz. 8

 
der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 BGB)
der Bedachte

c) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG

 

Rz. 9

 
sonstige Erwerbe, auf die die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des BGB Anwendung finden, nämlich z.B. der Voraus des überlebenden Ehegatten nach § 1932 BGB
der überlebende Ehegatte/Lebenspartner

d) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

 

Rz. 10

 
jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar erworben wird
der Dritte als Begünstigter

e) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG

 

Rz. 11

 
der Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung
die Stiftung

f) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStG

 

Rz. 12

 
die vom Erblasser angeordnete Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bildung von Vermögen gerichtet ist
die Vermögensmasse nach § 20 Abs. 1 S. 2 ErbStG

g) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG

 

Rz. 13

 
was jemand infolge Vollziehung einer vom Erblasser angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer vom Erblasser gesetzten Bedingung erwirbt
der durch die Auflage oder Bedingung begünstigte Dritte

h) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG

 

Rz. 14

 
was jemand dadurch erlangt, dass bei Genehmigung einer Zuwendung des Erblassers Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden
der durch die Leistung Bereicherte

i) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG

 

Rz. 15

 
was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs, Vermächtnisses oder für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall oder anstelle eines anderen in § 3 Abs. 1 ErbStG genannten Erwerbs gewährt wird
je nachdem: der Erbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte oder Drittbegünstigte
Abfindungszahlungen, wenn und soweit die Zahlung dafür gewährt wird, dass eine Rechtsstellung, insb. eine Erbenstellung, oder ein Recht oder ein Anspruch (z.B. Vermächtnis), die zu einem Erwerb nach § 3 Abs. 1 ErbStG (Erwerb von Todes wegen) führen würden, nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemacht werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG m.W. für Verzichte ab 25.6.2017)
der Dritte als Begünstigter

j) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG

 

Rz. 16

 
was als Abfindung für ein aufschiebend bedingtes, betagtes oder befristetes Vermächtnis, für das die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist, vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt wird
der Vermächtnisnehmer

k) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG

 

Rz. 17

 
was als Entgelt für die Übertragung der Anwartschaft eines Nacherben gewährt wird
der Nacherbe

l) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 ErbStG

 

Rz. 18

 
was der Vertrags- oder Schlusserbe eines gemeinschaftlichen Testaments oder der Vermächtnisnehmer wegen beeinträchtigender Schenkungen des Erblassers (§§ 2287, 2288 Abs. 2 BGB) von dem Beschenkten nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung erlangt
der Vertragserbe
der Schlusserbe
der Vermächtnisnehmer
 

Rz. 19

Wie aus der Vielzahl der vorstehend aufgeführten unterschiedlichen Erwerber ersichtlich ist, kann es bei einem Sterbefall – der Gesetzgeber spricht hier von einem Erwerb von Todes wegen nach § 3 ErbStG – eine Vielzahl von unterschiedlichen Erwerbern und damit auch diverse verschiedene Steuerschuldner geben. Zur Erwerbereigenschaft nach § 3 ErbStG im Einzelnen wird auf die entsprechende Kommentierung in § 3 ErbStG verwiesen.

2. Mehrere Erwerber bei Erwerben von Todes wegen als Steuerschuldner

 

Rz. 20

Jeder einzelne Erwerber ist (nur) für seinen eigenen Erwerb Steuerschuldner. In der Praxis kann die Steuerschuldnerschaft bzw. der Umfang der Steuerschuldnerschaft ggf. erst nach längerer Zeit, etwa nach einer Erbauseinandersetzung, festgestellt werden. Entsprechende Bescheide können insoweit vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassen werden.

 

Rz. 21

Bis zur Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB bestimmt § 20 Abs. 3 ErbStG ergänzend, dass der Nachlass bis z...

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