Rz. 6
Der Kreis der nach § 33 Abs. 1 ErbStG anzeigepflichtigen Personen ist entsprechend der am Markt vorzufindenden Gestaltungen vielfältig und setzt stets die geschäftsmäßige Befassung der Personen mit der Vermögensbetreuung voraus. Personen, die aus familiärer oder freundschaftlicher Verbundenheit das Vermögen oder Vermögensteile des Erblassers in Verwahrung genommen haben, sind damit grundsätzlich nicht zur Anzeige verpflichtet. Ist einer Person Vermögen anvertraut, die sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung und Verwaltung fremden Vermögens befasst, ist sie unabhängig davon, ob der anzuzeigende Gegenstand in Erfüllung einer berufsmäßigen Verpflichtung oder wegen privater Verbundenheit übernommen wurde, zur Anzeige verpflichtet. Die geschäftsmäßige Befassung ist in jedem Fall bei Banken, Bausparkassen und Kreditinstituten zu bejahen, die sich mit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens im Inland befassen. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden, das nach § 30a AO die Finanzverwaltung bei der Ermittlung steuerlich relevanter Sachverhalte zur besonderen Sorgfalt verpflichtet, oder vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitsabreden stehen der Erstattung der Anzeige keinesfalls entgegen. Kreditinstitute haben Vermögensgegenstände unabhängig davon anzuzeigen, ob er bei einer selbstständigen Hauptniederlassung oder bei einer nichtselbstständigen Zweigniederlassung in Verwahrung gegeben wurde. Verwahren inländische Kreditinstitute Vermögenswerte des Erblassers im Ausland, so sind diese unter Hinweis auf das nach § 25a Abs. 1 S. 3 KWG angeordnete interne Kontrollverfahren für im Ausland verwahrtes Vermögen auch insoweit in vollem Umfang anzeigepflichtig. Betroffen von dieser neueren Rechtsprechung sind bei unselbstständigen Zweigniederlassungen im Ausland angelegte Vermögen, da diese noch als im Gewahrsam des inländischen Vermögensverwahrens befindlich anzusehen sind.
Rz. 7
Die Ausweitung der anzeigepflichtigen Vermögensgegenstände verstößt weder gegen geltendes Völkerrecht noch gegen EU- Recht. In der Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an einen inländischen Wohnsitz werden keine nach Völkerrecht unzulässigen Hoheitsbefugnisse inländischer Behörden im Ausland geschaffen. Vielmehr wird von der Verpflichtung des § 33 ErbStG ausschließlich das im Inland belegene Kreditinstitut, wenn auch mit im Ausland angelegten Datensätzen und Vermögensgegenständen, erfasst. Der EuGH hat die Frage entschieden, ob die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV der Anzeigepflicht dann entgegensteht, wenn das im Inland belegene Kreditinstitut mit der Anzeige von Vermögensgegenständen im Ausland (im entschiedenen Fall: Österreich) gegen das dort geltende, strafbewehrte Bankgeheimnis verstoßen muss. Wie schon der vorlegende BFH seinerseits nimmt auch der EuGH keinen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit an, da die Steueraufsicht gefährdet wäre, wenn sich die Anzeigepflicht nicht zugleich auf ausländische Zweigniederlassungen inländischer Banken erstreckte. Die Gefährdung des gesamten Engagements des Kreditinstituts im Ausland sah der BFH in Anbetracht des Umstandes als unerheblich an, weil das Kreditinstitut eine vorherige Zustimmung des Bankkunden einholen und so einer Strafzahlung entgehen könne. Anders ist es bei selbstständigen Zweigniederlassungen inländischer Institute im Ausland, da aufgrund der Selbstständigkeit Zweifel am Gewahrsam des inländischen Kreditinstituts angezeigt sind. Unselbstständige Zweigniederlassungen ausländischer Kreditinstitute im Inland unterliegen der Anzeigepflicht ohne weiteres, da § 33 Abs. 1 ErbStG nur eine geschäftsmäßige Betätigung im Inland voraussetzt.
Rz. 8
Der die Anzeigepflicht auslösende Gewahrsam ist umfassender als der im Zwangsvollstreckungs- oder Strafrecht verwendete Gewahrsamsbegriff. Er ist stets dann zu bejahen, wenn ein Zustand unmittelbarer tatsächlicher Einwirkungsmöglichkeit auf Sachen oder Rechte eingetreten ist. Auf den Gewahrsam des Vermögensverwalters oder -verwahrers kommt es indes nicht an, wenn sich die Anzeige auf gegen diesen gerichtete Forderungen des Erblassers bezieht. Führen Steuerberater, Rechtsanwälte oder Notare für den Erblasser Ander- oder Treuhandkonten, so unterliegen diese der Anzeigepflicht. Wohl nachrangig nach diesem Personenkreis sind die die Anderkonten führende Kreditinstitute zur Anzeige verpflichtet, zumal diese in der Regel vom Todesfall keine Kenntnis erlangen werden und die Vermögensverwaltung nicht für den Verstorbenen, sondern für den Treuhänder ausüben.
Rz. 9
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Steuerberater, der Rechtsanwalt oder der Notar seinerseits verstorben ist und die Anzeige zu Lebzeiten nicht abgegeben wurde. Werden Gesellschaftsanteile treuhänderisch gehalten, so ist der Treuhänder zur Anzeige verpflichtet, wenn der Treugeber verstirbt (z.B. Kommanditist einer Grundvermögensgesellschaft, der die Anteile treuhänderisch hält). War der Erblasser als stiller Gesellschaft...