Rz. 9
Bei drohender Verjährung hemmt der Beginn der Außenprüfung den Verjährungseintritt (§ 171 Abs. 4 AO). Dies gilt indes nur, wenn die Prüfungsanordnung wirksam bekannt gegeben worden ist. Fehlt es an der wirksamen Bekanntgabe, leben weder die erweiterten Mitwirkungs- und Duldungspflichten der Beteiligten auf, noch greift die Ablaufhemmung. Inhaltsadressat der Prüfungsanordnung ist hierbei derjenige, der die Prüfung zu dulden bzw. an dieser mitzuwirken hat. Besonderes Augenmerk ist bei der Bekanntgabe gegenüber einer Erbengemeinschaft zu legen, wenn dieser der Feststellungsgegenstand zuzurechnen ist bzw. sie in Vertretung für die Miterben fungiert (§ 154 Abs. 3 BewG). Nichtig ist die Prüfungsanordnung dann, wenn nicht alle Miterben aus ihr oder aus einer Anlage zur Prüfungsanordnung hervorgehen (vgl. § 154 Rdn 15 m.w.N.). Erforderlich ist jedoch, dass mit den tatsächlichen Prüfungshandlungen vor Ablauf der Frist begonnen wurde, so dass die Versendung der Prüfungsanordnung allein nicht ausreicht. Wird die Außenprüfung auf Wunsch des Beteiligten verschoben, löst bereits die Versendung der Prüfungsanordnung die hemmende Wirkung aus. Diese umfasst aber lediglich die von der Prüfungsanordnung genannten Besteuerungsgrundlagen. Stellt sich im Rahmen der Prüfung heraus, dass sie auf weitere Teile oder weitere Feststellungsverfahren zu erweitern ist, ist dies nur innerhalb der für diese geltenden Verjährungsregelungen möglich.
Beispiel
Der Sohn erwirbt im Jahr 2001 einen Betrieb. Nach Abgabe der Erklärungen bzgl. der Erbschaftsteuer und des Betriebswertes und Festsetzung der Erbschaftsteuer im Jahr 2002 beginnt im Jahr 2006 eine Außenprüfung hinsichtlich des Betriebs, bei der festgestellt wird, dass ein im Jahr 2000 um 100.000 EUR höherer Gewinn der Einkommensteuer zu unterwerfen ist. Nach Änderung der Einkommensteuer 2000 im Jahr 2007 kann die um 40.000 EUR höhere Einkommensteuerlast nicht mehr als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 ErbStG geltend gemacht werden, da beim Erbschaftsteuerbescheid am 31.12.2006 Festsetzungsverjährung eingetreten ist (Beginn § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO: 1.1.2003; Ende § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO: 31.12.2006). Die erhöhte Festsetzung der Einkommensteuer im Jahr 2007 stellt kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar, so dass eine gesonderte Berechnung der Frist nach § 175 Abs. 1 S. 2 AO ausgeschlossen ist. Ratsam ist, in diesen Fällen vor Ablauf der Festsetzungsverjährung einen Änderungsantrag (z.B. nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) zu stellen, um so die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO zu erzeugen.
Rz. 10
Eine rechtzeitig nach § 156 BewG angeordnete und begonnene Außenprüfung vermag auch nur im Umfang ihrer Anordnung die Feststellungsverjährung zu hemmen. Insoweit die Ergebnisse einer Außenprüfung sich im Rahmen einer Änderung des Feststellungsbescheides auswirken, stellt § 171 Abs. 10 AO klar, dass eine die Verjährung hemmende Wirkung im Folgebescheid nur insoweit greift, wie der Grundlagenbescheid bindende Feststellungen für den Folgebescheid enthält.
Beispiel
Angenommen, im vorherigen Beispiel wird die Feststellungserklärung bzgl. des Betriebswertes erst im Jahr 2003 vom Betriebsfinanzamt angefordert. Die Anlaufhemmung endet dann am 31.12.2003 (§ 170 Abs. 2 AO), so dass die reguläre Feststellungsverjährung am 31.12.2007 eintritt (§§ 151 Abs. 1 S. 1 BewG, 179, 181 Abs. 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 AO), während für die Erbschaftsteuerfestsetzung die Festsetzungsverjährung am 31.12.2006 abläuft (siehe oben). Das Vorhandensein einer Korrekturvorschrift vorausgesetzt (z.B. § 164 Abs. 2 AO), könnte der für das Jahr 2000 festgestellte höhere Gewinn in 2007 in die Feststellung des Betriebswertes einfließen, während die sich erhöhende Nachlassverbindlichkeit (Einkommensteuernachzahlung) im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung nicht berücksichtigt werden kann. Die nach Änderung des Wertfeststellungsbescheides nach § 171 Abs. 10 AO ausgelöste Ablaufhemmung ist beschränkt auf den Ansatz des Betriebswertes. Da die Außenprüfung auf die Ertragsteuern des Betriebsinhabers beschränkt ist, greift die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO nicht in Bezug auf die Erbschaftsteuer.
Rz. 11
Die Frist läuft bis zum Eintritt der Rechtskraft der Bescheide nicht ab, so dass auch sich anschließende Einspruchs- und Klageverfahren beendet werden können, ohne dass die Festsetzungsverjährung entgegensteht. Dies gilt nicht, wenn die Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mindestens sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat (§ 171 Abs. 4 S. 2 AO). Sind nach den Erkenntnissen der Außenprüfung weitere Feststellungsverfahren durchzuführen, so ist dies nachträglich bis zum Ablauf der Feststellungsfristen noch möglich. Ist die Feststellungsfrist bereits abgelaufen, aber beim Steuerbescheid noch keine Verjährung eingetreten (z.B. Einspruchsverfahren noch nicht beendet, § 171 Abs. 3a AO), kann der Vermögenswert auch oh...