Rz. 51
Ist bei der Grundstücksübertragung eine Gegenleistung nicht vereinbart und auch nicht feststellbar, ist in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG der sog. Bedarfswert anzusetzen. Dies ist z.B. bei Einbringungen oder anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), bei Umwandlungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG), bei sog. Anteilsvereinigungen (§ 1 Abs. 3, 4 GrEStG) der Fall oder wenn Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft veräußert werden (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Ob doch eine vorrangig als Bemessungsgrundlage anzusetzende Gegenleistung vereinbart wurde, so dass der nachrangige Bedarfswert ausscheidet (so ist z.B. bei einem sehr niedrigen Kaufpreis die Ernstlichkeit der Einigung zweifelhaft), ist durch Einspruch gegen den Steuerbescheid geltend zu machen, es sei denn, die Entscheidung wurde durch einen besonderen Feststellungsbescheid nach § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG (Grundstück erstreckt sich auf mehrere FA-Bezirke oder vom Erwerb sind mehrere Grundstücke erfasst) getroffen. Durch diesen Bescheid werden u.a. die Steuerpflicht des Erwerbsvorgangs dem Grunde nach, der oder die Steuerschuldner und die Grundstücke, die von dem Erwerbsvorgang betroffen sind, festgestellt. Dieser Bescheid ergeht mit bindender Wirkung gegenüber dem Feststellungsbescheid nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG (vgl. §§ 171 Abs. 10, 182 AO) in Bezug auf die Zugehörigkeit zum Erwerbsvorgang und den Zeitpunkt des Erwerbs. Wird im besonderen Feststellungsbescheid entschieden, dass eine Steuerbefreiung für den Erwerb eingreift, entfällt die Bedeutung für die Besteuerung, da eine steuerliche Wirkung in diesen Fällen nicht eintreten kann. Fallen die Verschonungsvoraussetzungen aufgrund eines schädlichen Verhaltens später weg, kommt eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) in Betracht. Stichtag der Feststellung ist der Tag, an dem der Rechtsträgerwechsel vollzogen wurde (also in der Regel der Tag der Beurkundung des die Grundstücksübertragung auslösenden Rechtsgeschäftes).
Das BVerfG hat die nach § 8 Abs. 2 GrEStG in Fällen, in denen eine Gegenleistung für den Erwerb nicht feststellbar ist, vorgesehene Anwendung der Hilfsbemessungsgrundlage (§§ 138 ff. BewG) rückwirkend für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 für nicht anwendbar erklärt. Diese ausgesprochen harte Entscheidung kann wohl auf die bereits zur ErbStG erhobene Forderung des BVerfG zurückgeführt werden, dass für bewertungsabhängige Besteuerungsanlässe ein einheitliches Wertniveau anzustreben ist. Die vom BVerfG bis zum 30.6.2016 geforderte Neuregelung wurde im Steueränderungsgesetz 2015 vom 2.11.2015 so vorgenommen, dass der sechste Abschnitt des BewG nunmehr auch für die Fälle des § 8 Abs. 2 GrEStG anwendbar ist. Im Regelfall führt dies wegen der Anhebung des Bewertungsniveaus zu einer Verteuerung der Besteuerungsfälle des § 8 Abs. 2 GrEStG. Dies gilt rückwirkend für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008, wobei eine Bewertung nach neuem Recht auf Fälle zu beschränken ist, in denen eine erstmalige Wertfeststellung noch aussteht. Anderenfalls wird der nach § 176 Abs. 1 AO zu gewährende Vertrauensschutz eine Anhebung des Wertes zulasten des Steuerschuldners verhindern. Dies gilt jedoch nicht gegenüber dem aufgrund der intern getroffenen Haftungsregelung bislang noch nicht in Anspruch genommenen Gesamtschuldner. Da diesem gegenüber aufgrund seiner bislang ausgeschlossenen Schuldnerstellung noch kein Feststellungsbescheid nach § 8 Abs. 2 GrEStG wirksam bekanntgegeben worden ist, steht jedenfalls § 176 Abs. 1 AO seiner Inanspruchnahme nicht entgegen. Bezweifelt werden kann eher, ob die Gewährung des Vertrauensschutzes die Änderung des ursprünglich zulasten des im Innenverhältnis schuldenden Gesamtschuldners getroffenen Auswahlermessens rechtfertigt. Dies ist jedoch zu bejahen, da maßgeblich für diese Auswahlentscheidung ist, bei welchem der beiden Gesamtschuldner die Steuerschuld mit dem geringsten Aufwand realisierbar ist. Aufgrund der durch § 176 Abs. 1 AO bewirkten Verengung der Auswahl muss jedoch eine Änderung der Entscheidung möglich sein. Für die Verwaltungspraxis ist die Vereinheitlichung der materiell-rechtlichen Regelungen zur Bedarfsbewertung zu begrüßen, da nicht länger zwei unterschiedliche Wertfindungsverfahren vorgehalten werden müssen. Ob die dritte bewertungsabhängige Steuerart, die Grundsteuer, ebenfalls auf einem dem Verkehrswert im sechsten Abschnitt des BewG angelehnten Wertniveau erhoben werden soll, bleibt dem Ausgang der nunmehr schon seit über 20 Jahren andauernden Reform der Grundsteuer vorbehalten, erscheint aber unter Berücksichtigung der zuletzt ergangenen Entscheidungen des BVerfG zwingend.
Örtlich zuständig ist das Lagefinanzamt des § 152 Nr. 1 BewG, das auf Anforderung der Grunderwerbsteuerstelle tätig wird und nach Einleitung des Verfahrens eine Erklärung über den Grundstückswert anfordern wird. Der vom Lagefinanzamt erlassene Feststellungsbescheid hat bindende Wi...