Rz. 65
§ 12 Abs. 7 ErbStG bestimmt für ausländischen Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen, dass dessen Wert nach § 31 BewG zu ermitteln ist.
Ausländischer Grundbesitz (und ausländisches Betriebsvermögen) kann mangels Zuständigkeit der deutschen Finanzverwaltung im ausländischen Belegenheitsstaat nicht Gegenstand gesonderter Feststellungen sein. Aus diesem Grunde muss die Bewertung unmittelbar im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung erfolgen, sie bildet einen unselbstständigen Teil derselben. Der Bewertungsstichtag richtet sich auch hier nach § 11 ErbStG. Im Übrigen erklärt § 31 BewG die allgemeinen Bewertungsgrundsätze für anwendbar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist demzufolge der Verkehrswert zu ermitteln. Gemäß § 31 Abs. 2 BewG umfasst der ausländische Grundbesitz auch alle Bestandteile und alles Zubehör, so dass auch dieses in die Bewertung einzubeziehen ist.
Im Hinblick darauf, dass mittlerweile in allen Bereichen des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts der gemeine Wert den allgemeinen Wertmaßstab bildet, ist die Regelung in § 12 Abs. 7 ErbStG eigentlich obsolet geworden. Ihr kommt daher aus heutiger Sicht lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Denn eine unterschiedliche Bewertung inländischen Grundbesitzes (oder sonstigen Vermögens) einerseits und ausländischen andererseits würde auf jeden Fall die Kapitalverkehrsfreiheit einschränken und somit gegen Europarecht verstoßen.
Rz. 66
Im Hinblick auf nur eingeschränkte eigene Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung muss die Bewertung im Wesentlichen auf den Angaben des Steuerpflichtigen basieren. Sind diese unzureichend oder offensichtlich unbrauchbar, muss eine Schätzung erfolgen. Ob und inwieweit der in der Vergangenheit übliche Rückgriff auf im ausländischen Belegenheitsstaat festgestellte steuerliche Grundbesitzwerte nach wie vor zulässig ist, muss bezweifelt werden. Jedenfalls in solchen Fällen, in denen die nach dem Steuerrecht des Belegenheitsstaats ermittelten Werte offensichtlich nicht am Verkehrswert orientiert sind, wird diese Vorgehensweise nicht (mehr) in Betracht kommen. Denn nach Abschaffung der sog. Bedarfsbewertung für Zwecke der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer würde dies im Ergebnis zu einer Besserstellung des ausländischen Grundbesitzes gegenüber dem inländischen führen. Im Hinblick auf die erweiterten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 AO) ist vielmehr davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige, will er eine für ihn nachteilige Schätzung vermeiden, ein Gutachten wird beibringen müssen.
Rz. 67
Auch das ausländische Betriebsvermögen ist gem. § 31 Abs. 1 BewG nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften zu bewerten. Insoweit ist also im Ergebnis (über § 109 BewG) § 11 Abs. 2 BewG anzuwenden. Vor diesem Hintergrund kommt auch eine Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) in Betracht.
Rz. 68
Bei grenzüberschreitenden Betrieben, die teilweise im Inland und teilweise im Ausland belegen sind, bezieht sich § 31 Abs. 1 BewG nur auf die dem Ausland zuzurechnenden Betriebsteile.
Der § 31 Abs. 1 BewG unterliegende Teil kann dabei sowohl in der sog. direkten Methode, also im Rahmen einer nach In- und Ausland getrennten Bewertung, taxiert werden als auch durch Aufteilung eines einheitlich für das Gesamtunternehmen ermittelten Werts (indirekte Aufteilungsmethode). Die Anwendung der direkten Methode wird dabei nach aktuellem Recht wohl nur noch in Betracht kommen, wenn die inländische von der ausländischen Geschäftstätigkeit in einer Weise abgegrenzt werden kann, dass beide Betriebsteile so weit voneinander abgrenzbar sind, dass für jeden Einzelnen eine am Ertrag orientierte Bewertung durchgeführt werden kann. Dies dürfte in der Regel bei Profit-Center- und ähnlichen Strukturen gewährleistet sein.
Rz. 69
Kann eine derartige Abgrenzung nicht erfolgen, kommt für die Aufteilung nur die indirekte Methode in Betracht. Dabei ist zunächst das gesamte in- und ausländische Betriebsvermögen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (§ 11 Abs. 2 BewG) zu bewerten. In einem zweiten Schritt hat dann eine Aufteilung auf den in- bzw. den ausländischen Betriebsteil zu erfolgen. Als Aufteilungsmaßstab kann dabei – je nach Einzelfall – auf das Verhältnis der Umsätze, der verarbeiteten Rohstoffe, der gezahlten Löhne und Gehälter, der im jeweiligen Land steuerpflichtigen Gewinne oder ähnliche Parameter zurückgegriffen werden.
Rz. 70
Selbstverständlich hat § 12 Abs. 7 ErbStG nur dann praktische Bedeutung, wenn – wie in der weit überwiegenden Zahl der Fälle – nicht die deutsche Erbschaft- bzw. Schenkungbesteuerung durch entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen ist.