Rz. 47
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kann die Durchführung eines Feststellungsverfahrens entfallen, wenn der Wert des Vermögensgegenstandes vor weniger als einem Jahr bereits gesondert festgestellt wurde und seitdem keine wesentlichen Änderungen am Grundbesitz eingetreten sind. Der Wortlaut des § 151 Abs. 3 BewG ist dahingehend zu verstehen, dass die Bewertungsstichtage der aufeinander folgenden Feststellungen weniger als ein Jahr auseinanderliegen.
Beispiel
A verstirbt am 15.1.2006 und hinterlässt seinen drei Söhnen ein Grundstück. Da keiner der Söhne das Grundstück alleine nutzen möchte, legen sie es zum 15.7.2006 in eine Gesellschaft ein. Zum Stichtag 15.1.2006 ist der Wert für erbschaftsteuerliche Zwecke, am 15.7.2006 für grunderwerbsteuerliche Zwecke (§ 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. § 151 Abs. 5 BewG) zu bewerten, wobei für Zwecke der Grunderwerbsteuer auf den für Zwecke der Erbschaftsteuer festgestellten Wert zurückgegriffenen werden kann, solange der Bewertungsstichtag vor dem 1.1.2009 liegt.
Rz. 48
Die beschränkte Dauerwirkung gilt unabhängig davon, ob sich das maßgebliche Bewertungsrecht zwischenzeitlich geändert hat und damit ein anderes Wertniveau erreicht wird.
Beispiel
A verstirbt am 15.3.2008 und hinterlässt seinen drei Söhnen ein Wohngrundstück. Nach Teilung der Erbengemeinschaft erhält B das Grundstück. Dieser verstirbt am 2.2.2009. Obgleich die Bewertung zum Stichtag 15.3.2008 im Ertragswertverfahren (§ 146 Abs. 2 BewG) erfolgte und zum Stichtag eine Bewertung im Vergleichswertverfahren (§ 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG) erforderlich ist, kann der im Rahmen der Besteuerung des Erbfalles des A festgestellte Wert auch bei der Besteuerung des Erbfalles des B angesetzt werden.
Voraussetzung ist, dass der identische Vermögensgegenstand innerhalb eines Jahres mehrfach zu bewerten ist. Anwendbar ist die Regelung bei Beteiligten derselben Gesellschaft in Bezug auf das Gesamthands-, nicht aber bezüglich des Sonderbetriebsvermögens, weil hier unterschiedliche Anteile der Bewertung bedürfen. Werden dagegen innerhalb der Jahresfrist verschiedene Anteile einer Personengesellschaft verschenkt, so kann der gesondert festgestellte Wert des Grundstücks im Gesamthandsvermögen für weitere Erwerbe verwendet werden. Ebenso nicht anwendbar ist die Basiswertregelung, wenn zu den unterschiedlichen Bewertungsstichtagen die Werte nach unterschiedlichen Abschnitten des BewG zu ermitteln sind (so z.B. nach dem vierten Abschnitt für Zwecke des Grunderwerbsteuerrechts und nach dem sechsten Abschnitt für Zwecke des Erbschaftsteuerrechts). Mit rückwirkendem Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes 2015 für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2009 ist auf Betreiben des BVerfG die Grundstücksbewertung für Anlässe nach dem GrEStG und dem ErbStG angepasst worden, so dass die Basiswertregelung nunmehr auch (wieder) für Bedarfswerte dieser beiden unterschiedlichen Steuerarten genutzt werden kann.
Rz. 49
Keine Dauerwirkung kommt dem festgestellten Wert zu, wenn sich die Stichtagsverhältnisse wesentlich geändert haben (z.B. das Grundstück liegt in einem Gebiet, das zwischenzeitlich im Bebauungsplan als Baugebiet ausgewiesen wurde). Daneben kann der Steuerpflichtige einen niedrigen Wert geltend machen, indem er eine Feststellungserklärung abgibt. Dieser Weg wird jedem nach § 153 BewG Erklärungspflichtigen durch die Regelung des § 151 Abs. 3 S. 2 BewG ausdrücklich eröffnet. Antragsberechtigt ist also nicht nur der Erbe, sondern z.B. auch die Grundstücksgesellschaft oder -gemeinschaft, die nach § 153 Abs. 2 BewG zum Kreis der Erklärungspflichtigen zählt. Dies kommt z.B. in Frage, wenn der erste Wert rechtsfehlerhaft zu hoch festgestellt wurde. Jedenfalls in Fällen, in denen der Erklärungspflichtige nicht nach § 155 BewG befugt ist, einen zu hohen Basiswert im Einspruchsverfahren zu rügen, sollte diesem Erklärungspflichtigen zuvor rechtliches Gehör gegeben werden, damit dieser überhaupt in die Lage versetzt wird, sein Antragsrecht nach § 151 Abs. 3 S. 2 BewG ausüben zu können. Sofern der festgestellte Grundbesitzwert innerhalb einer Jahresfrist als Basiswert einer weiteren Feststellung zugrunde gelegt wird, verlängert sich hierdurch nicht die Jahresfrist des § 151 Abs. 3 BewG. Die Dauerwirkung wurde mit dem ErbStRG v. 24.12.2008 auf das Betriebsvermögen i.S.d. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3 BewG erweitert. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, auch für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2009 für identische Vermögenswerte zuvor festgesetzte Werte im Wege der sachgerechten Schätzung anzusetzen und auf die Durchführung eines Feststellungsverfahrens zu verzichten.
Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde der Anwendungsbereich der Basiswertregelung auf die in § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG genannten Gegenstände erweitert. Hierdurch ist nunmehr auch eine verfahrensökonomische Wertfindung zum Beispiel bei den Beteiligungsfonds möglich, bei denen wegen der hohen Anzahl an Gesellschaftern weitaus häufige...