Rz. 309
Gemäß § 13a Abs. 6 S. 3 ErbStG findet eine Nachversteuerung dann nicht statt, wenn der beim Verstoß gegen die Behaltensfrist erzielte Veräußerungserlös jeweils innerhalb derselben Vermögensart reinvestiert wird. Reinvestitionen in diesem Sinne sollen jedoch nur dann begünstigt sein, wenn der in Rede stehende Veräußerungserlös nicht zuvor (willentlich) privatisiert, also aus dem Unternehmen entnommen wurde. Daher greift die Reinvestitionsklausel ausdrücklich nicht für Überentnahmen oder vergleichbare Sachverhalte i.S.v. § 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG bzw. für den Wegfall einer Poolung (§ 13a Abs. 6 Nr. 5 ErbStG). Vielmehr beschränkt sich der Anwendungsbereich auf Veräußerungserlöse, die bei Verstößen gegen die Behaltensfrist i.S.v. § 13a Abs. 6 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG anfallen.
Rz. 310
Eine wesentliche Einschränkung besteht darin, dass die Reinvestition in Vermögen der jeweils selben Vermögensart erfolgen muss. Das Gesetz spricht insoweit vom Verbleiben in "der" (also der ursprünglich übergebenen) Vermögensart. Eine Umschichtung beispielsweise von Veräußerungserlösen aus dem betrieblichen Bereich in eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung ist – nach Gesetzeswortlaut und Verwaltungsauffassung – nicht dazu geeignet, die erbschaftsteuerlichen Verschonungen auf Dauer zu erhalten. Innerhalb derselben Vermögensart bestehen jedoch für den Steuerpflichtigen erhebliche Spielräume, durch die der Anwendungsbereich der Reinvestitionsklausel ziemlich breit ausgestaltet ist.
Rz. 311
Auch wenn die in § 13a Abs. 6 S. 4 ErbStG genannte 6-Monats-Frist auf den ersten Blick eher knapp bemessen scheint, dürfte sie in der Praxis keine zu große Einschränkung bilden. Denn abgesehen davon, dass die Reinvestition ausschließlich in Vermögen derselben Vermögensart erfolgen darf, ist die Auswahl der in Betracht kommenden Reinvestitionsgüter praktisch nicht eingeschränkt. Lediglich Investitionen in Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 4ErbStG kommen für eine – begünstigte – Reinvestition nicht in Betracht (§ 13a Abs. 6 S. 4 ErbStG).
Die Frist zur Durchführung der Reinvestition beginnt mit der Veräußerung des jeweiligen Wirtschaftsguts/der Beteiligung. Insoweit ist davon auszugehen, dass – jedenfalls nach Interpretation der Finanzverwaltung – der Abschluss des obligatorischen Rechtsgeschäfts maßgeblich ist. Diesen Standpunkt hat die Verwaltung jedenfalls hinsichtlich der Durchführung der Reinvestition ausdrücklich eingenommen, wobei insoweit das fehlende Erfordernis des zivilrechtlichen Eigentumserwerbs innerhalb der Frist aus der Perspektive des Steuerpflichtigen selbstverständlich positiv zu werten ist.
Rz. 312
Die im Gesetz geregelte 6-Monats-Frist dürfte im Übrigen nicht als starre zeitliche Grenze anzusehen sein. Denn § 13a Abs. 6 S. 4 ErbStG beinhaltet quasi eine gesetzliche Vermutung, die dazu führt, dass bei Erfüllung des dort genannten Tatbestandes regelmäßig eine begünstigte Reinvestition vorliegt. Dies schließt eine – immer noch begünstigte – Reinvestition nach Ablauf von mehr als sechs Monaten aber nicht grundsätzlich aus. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft genügt für die Reinvestition in ein neues Gebäude jedenfalls ausdrücklich der Baubeginn, ggf. sogar die Stellung des Bauantrags, innerhalb der Frist. Außerdem ist bei einer Kapitalgesellschaft zu beachten, dass die Reinvestitionsfrist nicht bereits mit einer Veräußerung, sondern erst mit der Verteilung des hierbei erzielten Erlöses an die Gesellschafter beginnen kann.
Rz. 313
Eine Reinvestition setzt nach der gesetzlichen Regelung voraus, dass der Veräußerungsgewinn innerhalb derselben nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögensart verbleibt. Dies ist insb. der Fall, wenn der Erlös aus der Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen zur Anschaffung neuer wesentlicher Betriebsgrundlagen oder anderer im Betrieb verwendeter Wirtschaftsgüter (die kein Verwaltungsvermögen darstellen) verwendet wird. Dasselbe gilt für die Verwendung der Erlöse aus der Veräußerung eines Teilbetriebes oder eines gesamten Betriebes.
Rz. 314
Als begünstigte Reinvestition kommt neben der Anschaffung von Anlagegütern, von Betriebsteilen oder von neuen Betrieben auch die Tilgung betrieblicher Schulden in Betracht. Es ist weiterhin nicht erforderlich, dass das veräußerte Vermögen im Hinblick auf seinen ursprünglichen oder einen neuen Betriebszweck ersetzt wird. Ausreichend ist vielmehr das Verbleiben des Veräußerungserlöses in der Vermögensart, der der Veräußerungsgegenstand zugehörig war; innerhalb dieser Grenzen ist ein Strukturwandel steuerunschädlich.
Gefordert wird aber nach dem Gesetzeswortlaut, dass das Reinvestitionsgut "zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2" ErbStG gehört. Es darf sich also prinzipiell nicht um Verwaltungsvermögen handeln.
Allerdings verweist das Gesetz nicht auf § 13b Abs. 4 ErbStG und die dortige enumerative Aufzäh...