Rz. 170
§ 7 Abs. 7 ErbStG regelt – in Parallele zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 u. 3 ErbStG (vgl. § 3 ErbStG Rdn 78) – seit dem 1.1.1974 das lebzeitige Ausscheiden eines Gesellschafters und unterwirft eine dadurch möglicherweise bei den verbleibenden Gesellschaftern eintretende Bereicherung der Schenkungsteuer. Auf einen Bereicherungswillen des ausscheidenden Gesellschafters kommt es bei dieser gesetzlichen Fiktion einer Schenkung anders als bei einer freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht an.
Rz. 171
Voraussetzung ist, dass ein Gesellschafter zu Lebzeiten aus einer Gesellschaft ausscheidet. Erfasst wird sowohl das freiwillige als auch das zwangsweise Ausscheiden, z.B. infolge der Anteilseinziehung oder einer Kündigung der Mitgliedschaft durch den einzelnen Gesellschafter. Jedoch muss der Anteilsübergang im Ergebnis auf dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag, nicht jedoch einer unabhängigen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung beruhen (siehe auch Rdn 172). Unerheblich ist dabei, ob die Buchwertklausel nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung nur bei einem Ausscheiden aus wichtigem Grund zum Tragen kommt oder in allen Fällen eines Ausscheidens. § 7 Abs. 7 ErbStG gilt nicht nur für das Ausscheiden aus einer Personengesellschaft, sondern auch für Kapitalgesellschaften. Bedeutsam ist diese Vorschrift daher für alle Gesellschaften, bei denen im Gesellschaftsvertrag eine Abfindungsklausel zu Buchwerten vorgesehen ist (zur zweigliedrigen Personengesellschaft siehe unten Rdn 173).
Rz. 172
Der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters muss auf die verbleibenden Gesellschafter oder die Gesellschaft übergehen. Erfasst werden daher regelmäßig die Fälle der Anwachsung im Sinne des § 738 BGB. Nicht tatbestandsmäßig ist die rechtsgeschäftliche Veräußerung des Anteils an einen Dritten. Dies gilt unabhängig von der Höhe des Entgeltes und auch dann, wenn der Gesellschafter durch die Veräußerung einer Einziehung des Anteils oder seinem Ausschluss zuvorkommen will. Ist die Veräußerung an einen Dritten von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig, ändert dies nichts an dem rechtsgeschäftlichen Charakter der Veräußerung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Gesellschafter von seinem gesellschaftsvertraglich fixierten Vorkaufsrecht gegen Zahlung einer genau festgelegten Abfindungssumme Gebrauch macht. Werden sämtliche Anteile an einen Dritten oder den einzigen Mitgesellschafter veräußert und kommt es infolgedessen zu einer Umwandlung des Gesamthandsvermögens in Alleineigentum, erfolgt der Anteilsübergang dennoch infolge der zugrunde liegenden rechtsgeschäftlichen Veräußerung und nicht aufgrund des Ausscheidens aus der Gesellschaft. Bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung zu einem Kaufpreis, der unter dem Anteilswert liegt, kommt lediglich eine gemischte Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht (siehe Rdn 39 ff.). Auch bei einer Liquidation der Gesellschaft fehlt es an einem Anteilsübergang auf die übrigen Gesellschafter, so dass § 7 Abs. 7 ErbStG hier ebenfalls ausscheidet.
Rz. 173
Auch bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft greift § 7 Abs. 7 ErbStG ein. In diesem Fall kommt es zu einer Anwachsung des Vermögens bei dem verbleibenden Alleingesellschafter; die Personengesellschaft wandelt sich ohne Liquidation in ein Einzelunternehmen. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 ErbStG – Ausscheiden eines Gesellschafters und Anwachsung bei dem verbliebenen Gesellschafter – sind daher erfüllt. Gleiches gilt, wenn bei einer GmbH & Co. KG sämtliche Kommanditisten aus der Gesellschaft ausscheiden und die Anteile der Komplementär-GmbH nach § 738 BGB analog anwachsen. Ob die Anteile der mit den ehemaligen Kommanditisten identischen Gesellschafter der Komplementär-GmbH eine korrespondierende Werterhöhung erfahren, ist für die Anwendung des § 7 Abs. 7 ErbStG unerheblich.
Rz. 174
Beim Ausscheiden aus einer Kapitalgesellschaft erfolgt nicht ohne weiteres eine Anwachsung bei den übrigen Gesellschaftern. Bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes kann der Geschäftsanteil auf Basis entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelungen eingezogen werden oder die (Zwangs-)Abtretung an die Gesellschaft, einen verbleibenden Gesellschafter oder einen Dritten verlangt werden. Erfolgt die Abtretung gegen eine Abfindung, greift § 7 Abs. 7 ErbStG bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen ein, und zwar unabhängig davon, auf wen der Geschäftsanteil übertragen wird. Bei der Einziehung geht der Geschäftsanteil nach § 34 GmbHG unter. Es kommt weder zu einem Übergang des Geschäftsanteils auf die verbleibenden Gesellschafter noch die Kapitalgesellschaft selbst. Trotzdem verschieben sich die Beteiligungsverhältnisse durch das Ausscheiden zugunsten der übrigen Gesellschafter. Diese bloß mittelbare Werterhöhung der Anteile beinhaltete jedoch bislang an sich keine schenkungsteuerliche Bereicherung (siehe dazu auch unten Rdn 18...