Gesetzestext

 

(1) Die Bewertung richtet sich, soweit nicht in den Absätzen 2 bis 7 etwas anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 (BGBl I S. 230), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Bewertungsgesetzes festzustellen ist, sind mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Wert anzusetzen.

(3) Grundbesitz (§ 19 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes) ist mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Wert anzusetzen.

(4) Bodenschätze, die nicht zum Betriebsvermögen gehören, werden angesetzt, wenn für sie Absetzungen für Substanzverringerung bei der Einkunftsermittlung vorzunehmen sind; sie werden mit ihren ertragsteuerlichen Werten angesetzt.

(5) Inländisches Betriebsvermögen, für das ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes festzustellen ist, ist mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Wert anzusetzen.

(6) Gehört zum Erwerb ein Anteil an Wirtschaftsgütern und Schulden, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Bewertungsgesetzes festzustellen ist, ist der darauf entfallende Teilbetrag des auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Werts anzusetzen.

(7) Ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen werden nach § 31 des Bewertungsgesetzes bewertet.

A. Allgemeines

I. Funktion von § 12 ErbStG

 

Rz. 1

§ 12 ErbStG ist eine Vorschrift im II. Teil des ErbStG (Wertermittlung). Um die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer nach der allgemeinen Formel Bemessungsgrundlage x Steuersatz ermitteln zu können, ist es erforderlich, diese Bemessungsgrundlage zu bestimmen.

Nachdem unter Anwendung der §§ 38 ErbStG die Frage beantwortet wird, ob und inwieweit überhaupt ein steuerpflichtiger Vorgang vorliegt, ist im Rahmen der Wertermittlung dessen Umfang zu klären. Dabei bestimmt sich nach § 10 ErbStG zunächst, welche Vermögensgegenstände und Schulden bzw. sonstige Verbindlichkeiten im Rahmen der Steuerberechnung anzusetzen sind. § 12 ErbStG regelt sodann deren Bewertung (im engeren Sinne) auf den Stichtag gem. § 11 ErbStG.[1] Hernach sind noch die sachlichen Steuerbefreiungen (§§ 1313d ErbStG) zu berücksichtigen und schließlich die persönlichen Steuerbefreiungen nach §§ 16 und 17 ErbStG.

Vor diesem Hintergrund regelt § 12 ErbStG nur einen kleinen – aber bedeutenden – Teilbereich der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage, nämlich die eigentliche Bewertung der einzelnen für den steuerpflichtigen Erwerb relevanten Vermögensgegenstände. Das Ziel der Bewertung besteht darin, den Wert sämtlicher relevanten Aktiva und Passiva in einem Geldbetrag auszudrücken, um diesen der weiteren Steuerberechnung zugrunde zu legen.[2]

Soweit im ErbStG der Begriff "Wert" verwendet wird, handelt es sich dabei regelmäßig um den Wert i.S.v. § 12 ErbStG, so insb. in § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 oder § 5 Abs. 1 S. 5 ErbStG.[3]

 

Rz. 2

Als allgemeinen Bewertungsmaßstab hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschl. v. 7.11.2006[4] den Verkehrswert bzw. einen dem Verkehrswert angenäherten Wert vorgegeben. Der Gesetzgeber hat sich diesen Begriff nicht zu eigen gemacht, sondern – wie auch nach früherem Recht – am gemeinen Wert als oberstem Wertmaßstab festgehalten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und inwieweit der der Erbschaftbesteuerung zugrunde zu legende gemeine Wert (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 BewG) den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht.

Der Verfassungsgerichtsbeschluss geht in Tz. 104 davon aus, dass der gemeine Wert durch Verkauf realisiert werden könne. Auf die zivilrechtliche Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung, die sich grds. an Erkenntnissen der Betriebswirtschaftslehre orientiert und durch bewertungsrechtliche Regelungen nicht beschränkt ist, wird dabei verwiesen.[5] Dennoch goutiert das Bundesverfassungsgericht die bereits vor dem 1.1.2009 geltende erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 BewG) und hält diese für verfassungskonform.[6] Vor diesem Hintergrund bildet der gemeine Wert i.S.v. § 9 BewG nach dem seit dem 1.1.2009 geltenden ErbStG durchgängig das Ziel der Bewertung nach § 12 ErbStG.[7]

 

Rz. 3

Allerdings kann der gemeine Wert zum Bewertungsstichtag gem. § 11 ErbStG nicht allgemein mit dem Verkehrswert im Sinne der zivilrechtlichen Rechtsprechung gleichgesetzt werden.[8] Denn teilweise steht das dem Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht zugrunde liegende statische Stichtagsprinzip im Widerspruch zu den die zivilrechtliche Betrachtung prägenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Dies gilt insb. im Zusammenhang mit der Bewertung von Unternehmen, die auf zukünftigen Ertragserwartungen aufbaut. Zum anderen sieht das Gesetz selbst aus Vereinfachungs- und Praktikabilitäts...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?