Gesetzestext

 

(1) Steuerfrei bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Absatz 1 Nummer 1) der Erwerb

1. des Ehegatten und des Lebenspartners in Höhe von 500 000 EUR;
2. der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 400 000 EUR;
3. der Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 200 000 EUR;
4. der übrigen Personen der Steuerklasse I in Höhe von 100 000 EUR;
5. der Personen der Steuerklasse II in Höhe von 20 000 EUR;
6. (aufgehoben)
7. der übrigen Personen der Steuerklasse III in Höhe von 20 000 EUR.

(2) In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht (§ 2 Absatz 1 Nummer 3) wird der Freibetrag nach Absatz 1 um einen Teilbetrag gemindert. Dieser Teilbetrag entspricht dem Verhältnis der Summe der Werte des in demselben Zeitpunkt erworbenen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögens und derjenigen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögensvorteile, die innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallen sind, zum Wert des Vermögens, das insgesamt innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallenen ist. Die früheren Erwerbe sind mit ihrem früheren Wert anzusetzen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der persönliche Freibetrag wird bei Erwerben von Todes wegen, bei Schenkungen, bei Zweckzuwendungen und bei der Erbersatzsteuer i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 4 ErbStG grds. bei jedem einzelnen Erwerb einer Person von Amts wegen gewährt. Hat ein Erwerber von mehreren Personen gleichzeitig eine Zuwendung erhalten, z.B. ein Kind von beiden Elternteilen, wird der Freibetrag entsprechend mehrfach, also hier zweimal, gewährt.[1] Der jeweilige Freibetrag ist von den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers zum Erblasser/Schenker am Besteuerungsstichtag abhängig. Teilweise wird der Freibetrag direkt bestimmten Erwerbern zugeordnet (Ehegatten und Lebenspartnern), teilweise wird bzgl. der Erwerber auf deren Zuordnung zur Steuerklasse i.S.d. § 15 ErbStG Bezug genommen. Die Rechtseigenschaft des Erwerbers bestimmt sich nach dem Zivilrecht nach den Verhältnissen am Besteuerungszeitpunkt (§ 9 ErbStG).[2] Ob die Verhältnisse sich kurz vorher (z.B. Tod vor Eheschließung) oder nachher geändert haben, ist grds. unbeachtlich, ggf. kommt eine Steuerminderung aus Billigkeitsgründen in Betracht.

[1] Ausnahme: BFH v. 1.12.2021 – II R 1/20, juris. "Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, steht dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich ein Freibetrag zu." Näheres siehe Kommentierung § 6 Abs. 2 ErbStG; Grewe, ErbBstg 2020, 167.

B. Tatbestand

I. Freibetragsberechtigte Personen

 

Rz. 2

Die Personen, für die der Freibetrag zu gewähren ist, ergeben sich aus dem Gesetz (§ 15 ErbStG und H E 15.1 und 15.2 ErbStH 2019). Mit der Zuordnung zu einer Steuerklasse wird inzident auch über den zutreffenden Freibetrag entschieden.[3] Näheres dazu siehe § 15 ErbStG Rdn 4 ff. Bei den Kindern[4] (im Rechtssinne[5]) ist eigentlich nur die Einordnung als Stiefkind,[6] Stiefeltern, Stiefgeschwister mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Dazu gilt Folgendes: Im Erbschaftsteuerrecht ist das Stiefkind fast ebenso begünstigt wie ein leibliches Kind. Dies greift aber nur, wenn es als Erbe/Vermächtnisnehmer eingesetzt wird oder wenn ihm etwas geschenkt wird, da zivilrechtlich kein Erbrecht gegenüber dem Stiefelternteil, sondern nur gegenüber den leiblichen Eltern besteht. Adoptivkinder erhalten denselben Freibetrag wie andere Kinder. Ist die Verwandtschaft eines Adoptivkindes zum Erblasser bereits vor dem Erbfall durch Aufhebung des Annahmeverhältnisses erloschen, fallen ehemalige Adoptivkinder nicht (mehr) in die Steuerklasse I Nr. 2 und II Nr. 3 und damit gibt es keinen Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR.[7] Enkel sind Kinder verstorbener Kinder i.S.d. Steuerklasse I nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG; der Enkelfreibetrag beträgt 200 000 EUR. Ausnahmsweise wird bei Erwerben durch Enkel der Kindefreibetrag von 400.000 EUR gewährt, wenn die Eltern bzw. der Elternteil der Enkel zum Zeitpunkt des Erwerbs schon verstorben sind/ist (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG). Leben die Eltern bzw. der Elternteil im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Enkel noch, kann die zivilrechtlich in § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB vom Gesetzgeber normierte Vorversterbensfiktion nicht zu einem erbschaftsteuerlichen (Kinder-)Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG führen.[8] Urenkeln steht ein der Freibetrag in Höhe von 100.000 EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG: übrige Personen der Steuerklasse I gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Mit übrigen Personen der Steuerklasse I sind die Personen gemeint, die nicht unter § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG fallen, mithin nicht Ehegatten, Kinder bzw. Kinder verstorbener Kinder oder Kindeskinder (Enkel) sind. Dies gilt sowohl, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind,[9] wie auch wenn Eltern und Großeltern schon verstorben sind.[10]

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