Leitsatz
Eine Versicherungsgesellschaft arbeitete auf Basis eines Generalagenturverhältnisses lange Jahre mit einem freien Versicherungsvertreter zusammen, der Kunden für sie warb. Sein Sohn, der als selbstständiger Versicherungsmakler tätig war, reichte über die Agentur seines Vaters gelegentlich ebenfalls Versicherungsverträge mit von ihm geworbenen Kunden ein. Als die Versicherungsgesellschaft das Generalagenturverhältnis kündigte, schrieb der spätere Beklagte etwa 450 ehemals von ihm betreute Kunden der Agentur seines Vaters an mit dem Ziel, ihnen neue Versicherungsverträge bei konkurrierenden Versicherungsgesellschaften zu vermitteln. Die Versicherungsgesellschaft sah hierin ein unlauteres Verhalten; sie nahm ihn im Klageweg auf Auskunftserteilung, Schadensersatz, Unterlassung der Werbemaßnahmen sowie Löschung der Kundendaten in Anspruch. Der Makler stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, er habe die von ihm angeschriebenen Kunden selbst geworben und sei daher berechtigt gewesen, an diese heranzutreten.
Während das Versicherungsunternehmen in erster Instanz obsiegte, schloss sich die zweite Instanz der Sichtweise des Beklagten an und wies die Klage insgesamt ab. Dem trat der BGH in seiner Entscheidung entgegen. Mit der Feststellung, eine pauschale Betrachtung sei anhand des unzureichend aufgeklärten Sachverhalts nicht möglich, hob das Gericht die Entscheidung der Berufungsinstanz auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Nun muss erneut das OLG Karlsruhe verhandeln und entscheiden, sich diesmal aber an die vom BGH vorgegebenen Leitlinien halten.
Ein Wettbewerbsverstoß komme in Betracht, so der BGH, wenn der Makler sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis unbefugt verschafft oder dieses unbefugt verwertet habe (§ 17 Abs. 2 UWG). Als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis sei jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache zu qualifizieren, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sei und nach dem auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll. Zweifelsohne treffe dies auf die durch den Beklagten verwendeten Daten zu. Fraglich sei indes, ob auch ein unbefugtes Verschaffen gegeben sei. Dem stehe der Einwand, der Beklagte habe die angeschriebenen Kunden selbst geworben, nicht zwingend entgegen. Insbesondere der Umstand, dass der Beklagte nicht aus dem Gedächtnis heraus operiert habe, sondern die während Bestehens des Agenturverhältnisses seines Vaters entstandenen Aufzeichnungen für sich verwertet habe, lege ein wettbewerbswidriges Verhalten nahe. Nicht nur angestellte Handelsvertreter, sondern auch selbstständige Handelsvertreter unterlägen hier gesetzlichen Beschränkungen, was die Verwertung von Informationen anbelangt. Ob dies auf den Beklagten zutreffe, hinge von der Frage ab, ob er als Untervertreter oder aber als reiner Handelsmakler tätig geworden sei. Nur dann, wenn Ersteres der Fall sei, könne sich die Versicherungsgesellschaft mit ihrem Begehren durchsetzen.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH betrifft einen Sonderfall, aus dem nur sehr vorsichtig allgemeine Schlüsse gezogen werden dürfen. Das im Sachverhalt angelegte Dreiecksverhältnis bedingte, dass der Schwerpunkt der Auseinandersetzung in der Frage lag, welche gesetzlichen Beschränkungen der Beklagte bei der Verwertung von Kundeninformationen beachten musste. Diese sind unterschiedlich, je nachdem, ob ein Handelsvertreterverhältnis oder nur reine Maklertätigkeit vorlag - dies wird das Instanzgericht nun zu untersuchen haben. Festzuhalten bleibt, dass bei der Verwendung von Kundendaten im Nachgang zur Vertragsbeendigung in jedem Fall Vorsicht geboten und zu prüfen ist, ob handels- und wettbewerbsrechtliche Beschränkungen vorliegen. Unternehmerseits bietet sich stets die Prüfung etwaiger Schadens- und Unterlassungsansprüche für den Einzelfall an.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 26.02.2009, I ZR 28/06