Leitsatz
Nicht miteinander verheiratete Eltern stritten um den Regelbetrag für die beiden aus ihrer Beziehung hervorgegangenen minderjährigen Töchter, die im Jahre 1994 und 1999 geboren waren.
Kernpunkt der Auseinandersetzung zwischen den Parteien war das in die Unterhaltsberechnung einzustellende Einkommen des Beklagten, der sich auf Leistungsunfähigkeit berief.
Erstinstanzlich wurde er antragsgemäß zur Zahlung der Regelbeträge unter Anrechnung der erhaltenen Unterhaltsvorschussleistungen verurteilt. Hiergegen richtete sich seine Berufung, die nicht erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG sah keine Erfolgsaussicht für die Berufung des Beklagten und teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Beklagte als zumindest fiktiv leistungsfähig zur Zahlung der geltend gemachten Kindesunterhaltsbeträge zu behandeln sei.
Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten werde nicht allein durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichten seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so treffe ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH v. 26.9.1984 - IVb ZR 17/83, MDR 1985, 303 = FamRZ 1985, 158 [159]; v. 15.12.1993 - XII ZR 172/92, MDR 1994, 483 = FamRZ 1994, 372 [373]; v. 22.10.1997 - XII ZR 278/95, FamRZ 1998, 357 [359]).
Gegenüber minderjährigen Kindern erfahre diese Verpflichtung im Hinblick auf § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung, wonach den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnützung seiner Arbeitskraft treffe. Diese folge aus der die Eltern treffende rechtlichen und sittlichen Pflicht, ihre Kinder am Leben zu erhalten; diese Pflicht finde ihre Grenzen allein in der Unmöglichkeit. Für seine den Mindestunterhalt im Sinne seines Existenzminimums betreffende Leistungsfähigkeit sei der Verpflichtete in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet (BGH v. 15.11.1995 - XII ZR 231/94, MDR 1996, 281 = FamRZ 1996, 345 [346]).
Lege der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, müsse er sich behandeln lassen, als ob er über ein solch hohes Einkommen verfüge, welches ihm die Zahlung des Mindestunterhalts ermögliche.
Für die Suche nach Arbeit selbst sei die Zeit aufzuwenden, die erforderlich sei, alle in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies werde bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtig Erwerbstätigen entsprechen (OLG Köln NJWE-FER 1999, 84 [85]; v. 12.2.1997 - 14 WF 14/97, MDR 1997, 651 = OLGReport Köln 1997, 177 = FamRZ 1997, 1104 [1105]; OLG Hamm FamRZ 1994, 115). Den oben genannten strengen Anforderungen genüge das Vorbringen des Beklagten nicht, der bereits seine tatsächliche Leistungsunfähigkeit nicht in ausreichendem Maße dargelegt habe.
Selbst wenn er unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Einkünfte tatsächlich leistungsunfähig sei, müsste er sich aufgrund eines Verstoßes gegen die ihn treffende gesteigerte Erwerbsobliegenheit als fiktiv leistungsfähig zur Zahlung des geforderten Mindestunterhalts behandeln lassen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 18.05.2006, 9 UF 238/05