Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Weg, § 15 WEG
Kommentar
In einer etwa 80 qm großen Wohnung wurden 3 Kornnattern, 5 Oxys und 3 ca. 3 m lange Boas gehalten, welche mit Ratten und Mäusen gefüttert wurden, die dort ebenfalls in Käfigen gezüchtet wurden. Die Eigentümermehrheit hatte entsprechende Verbotsbeschlüsse gefasst unter Hinweis auf die geltende Hausordnung, nach der u. a. Tierhaltung nur erlaubt sei, wenn dadurch keine Belästigung der Hausbewohner entstehe. Der Beschluss wurde für gültig erachtet, zumal Hausordnungen auch durch Mehrheitsbeschluss ergänzbar seien. Mit der Duldung der beanstandeten Tierhaltung wäre im vorliegenden Fall der ordnungsgemäße Gebrauch des Sondereigentums überschritten. Bei der Einzelfallbeurteilung nach §§ 14 Nr. 1 und 15 Abs. 2 WEG kommt es zur Ausfüllung des Begriffs "ordnungsgemäßer Gebrauch" wesentlich auch auf die Verkehrsanschauung an.
Nach hiesigen tradierten soziokulturellen Vorstellungen der Allgemeinheit ist das Halten von Schlangen und Ratten mit einem ordnungsgemäßen Wohnen in einer Eigentumswohnanlage nicht mehr zu vereinbaren. Solche Tiere gehören nicht zur allgemeinen Lebensführung, sondern werden regelmäßig außerhalb des Wohnbereiches in Tiergehegen und bei Zirkusdarbietungen gehalten; Ratten halten sich i. ü. in unsauberen Gefilden auf und gelten daher als Krankheitsträger. Selbst wenn von der Tierhaltung keine Geruchsbelästigung ausgehe, die Tiere ausbruchsicher verwahrt würden und beim notwendigen Transport große Sorgfalt aufgewendet werde, reiche das bei den Miteigentümern nachvollziehbare vorhandende Unbehagen über diese Tierhaltung aus, festzustellen, dass das gemeinschaftliche Zusammenleben empfindlich und vermeidbar gestört und der ordnungsgemäße Gebrauch des Sondereigentums überschritten werde; einer Beweisaufnahme zu konkreten Belästigungen bedurfte es daher nicht.
Im Übrigen fehle diesen Tieren nach der reichsgerichtlichen Definition des "Haustieres" i. S. des § 833 BGB die Haustiereigenschaft, woraus sich eine weitere Einschränkung der Befugnisse zu dieser Tierhaltung ergebe; würden nämlich andere als Haustiere gehalten, werde die vorgegebene Nutzung der Wohnung zu Wohnzwecken nicht eingehalten und es liege eine unzulässige Zweckentfremdung vor; eine solche Zweckentfremdung könne dazu führen, dass bei Fortdauer der beanstandeten Tierhaltung eine Wertminderung der Wohnungen der übrigen Eigentümer eintrete.
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.07.1990, 20 W 149/90= DWE 3/1990, 108)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer