Leitsatz
Die Parteien lebten voneinander getrennt. Die Ehefrau nahm den Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch und beantragte für die von ihr beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe. Ihr Antrag wurde erstinstanzlich wegen fehlender Erfolgsaussicht im Hinblick auf die von dem Ehemann behauptete Leistungsunfähigkeit zurückgewiesen.
Sachverhalt
Die getrennt lebende und bedürftige Ehefrau hatte für die von ihr beabsichtigte Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt Prozesskostenhilfe beantragt, die erstinstanzlich zurückgewiesen wurde. Dies primär im Hinblick auf die von dem Ehemann behauptete Leistungsunfähigkeit. Der schwer behinderte Ehemann hatte seine letzte Arbeitsstelle freiwillig aufgegeben und sich darauf berufen, mangels Leistungsfähigkeit Unterhalt nicht zahlen zu können.
Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts legte die Ehefrau Beschwerde ein, die im Ergebnis erfolgreich war.
Entscheidung
Im vorliegenden Fall ging es primär um die Frage, ob dem Ehemann vorzuwerfen ist, dass er seine Arbeitsstelle aufgegeben und sich nicht in ausreichendem Maße um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die aufgrund des Tatsachenvortrages der Klägerin nicht ohne weiteres zu verneinen ist.
Das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren dient mit seiner summarischen Prüfung der Sache nicht dem Zweck, zweifelhafte Rechtsfragen vorab zu entscheiden (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 114 Rz. 21, m.w.N.).
Die Erfolgsaussicht darf daher bei zweifelhaften Rechtsfragen nicht verneint werden. Hierin läge ein Verstoß gegen Art. 3 GG und das Rechtsstaatsprinzip. Auch der bedürftigen Partei muss die Möglichkeit eingeräumt werden, zweifelhafte Rechtsfragen in einem ordentlichen Gerichtsverfahren prüfen zu lassen und ggf. die höhere Instanz damit zu befassen.
Bei der derzeitigen Sachlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte sich in unterhaltsrechtlich vorwerfbarer Weise leistungsunfähig gemacht hat, als er freiwillig seine Arbeitsstelle aufgab und sich nicht in ausreichendem Maße um eine neue Arbeitsstelle bemühte. Er muss seine Arbeitskraft entsprechend seiner Vorbildung, seinen Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzen. Im Verhältnis zu minderjährigen unverheirateten Kindern und dem Ehegatten hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, freie Berufswahl und Berufsausübung hinter das höher zu bewertende Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung und hinter dem besonderen Schutz von Ehe von Familie zurückzutreten.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der schwerbehinderte Beklagte seine Arbeitsstelle aufgeben durfte. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass er sich unverzüglich um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat.
Danach ist nach Auffassung des OLG festzustellen, dass der Klagevortrag zum geltend gemachten Unterhaltsanspruch in der eingeklagten Höhe schlüssig erscheint. Dies reicht aus, um die beantragte Bewilligung der Prozesskostenhilfe auszusprechen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 19.10.2005, 4 WF 150/05