Zu beachten ist, dass die Vor- und Nacherbschaft erbschaftsteuerlich gem. §§ 6, 7, 9, 10 und 20 ErbStG abweichend vom Zivilrecht behandelt wird, was insbesondere für die Bestimmung der Steuerklasse und die Höhe der Freibeträge der Erben bedeutsam sein kann. Die Vor- und Nacherbfolge führt zur doppelten Besteuerung desselben Nachlasses, wenn die Nacherbfolge durch den Tod des Vorerben eintritt. Gemäß § 6 Abs. 1 und 2 ErbStG unterliegen sowohl die Vorerbschaft als auch die Nacherbschaft der Besteuerung. Abweichend vom Zivilrecht wird erbschaftsteuerlich der Erwerb des Nacherben als Erwerb vom Vorerben behandelt. Allerdings ist gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG bei der Besteuerung auf Antrag das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen, wenn dies für den Nacherben günstiger ist.

 
Praxis-Beispiel

Ein Abkömmling des Erblassers kann die Versteuerung nach Steuerklasse I beantragen, auch wenn er den Vorerben (z. B. Stiefmutter) nur nach Steuerklasse III beerben würde. Die Versteuerung erfolgt immer nach dem am nächsten verwandten Erblasser.

Dies findet im Übrigen für das Berliner Testament seine Entsprechung in § 15 Abs. 3 ErbStG.[1]

 
Achtung

Das Berliner Testament (Einheitslösung) vernichtet erbschaftsteuerliche Freibeträge!

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass Stiefkinder nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG den leiblichen Kindern gleichgestellt sind, sodass ein nacherbendes Stiefkind sogar dann von der günstigeren Steuerklasse I und dem hohen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG profitiert, wenn die das Stiefkindverhältnis begründende Ehe bereits vor dem Erbfall geschieden wurde.

Wird der Nacherbfall nicht durch den Tod des Vorerben ausgelöst, so wird gem. § 6 Abs. 3 ErbStG die Substanz des Nachlasses beim Vorerben besteuert und die Steuer beim Nacherben insoweit angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht, soweit die Steuer für eine beim Vorerben verbleibende Bereicherung entrichtet wurde.[2]

[1] Allerdings ändert dies nichts daran, dass beim Berliner Testament Freibeträge der Schlusserben auf den Tod des zuerst Versterbenden nicht genutzt werden.
[2] Auf steuerlich motivierte Testamentsgestaltungen kann im Rahmen dieser kurzen Darstellung nicht eingegangen werden. Vgl. hierzu vertiefend Stenger/Loose, Bewertungsrecht – BewG, ErbStG, Loseblattkommentar.

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