Leitsatz
Soll ein Balkon nach Absicht des teilenden Eigentümers Sondereigentum werden, wird er aber weder in der Teilungserklärung noch in dem Aufteilungsplan hinreichend als solches bezeichnet, so entsteht durch die Eintragung des Aufteilungsplans an dem Balkon gemeinschaftliches Eigentum. Soweit er nachträglich in Sondereigentum überführt werden soll, bedarf es hierfür der Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung und der Zustimmung all derer, denen an den einzelnen Wohnungseigentumsrechten dingliche Rechte zustehen.
Sachverhalt
In der Teilungserklärung sowie im Aufteilungsplan des noch neu zu bildenden Gesamtgrundstücks war besonders gekennzeichnet worden, welche Gebäudeflächen ins Sondereigentum überführt werden sollten. Entsprechende Grundbucheintragung wurde veranlaßt und vorgenommen.
Nachdem es zum Verkauf einer Wohnung gekommen war, stellte sich heraus, daß der zur Wohnung gehörende Balkon in der Teilungserklärung und im Aufteilungsplan nur unzureichend als Sondereigentum gekennzeichnet worden war.
Nunmehr ersuchte der Eigentümer das Grundbuchamt, das Grundbuch dahin zu berichtigen, daß der Balkon zum Sondereigentum der entsprechenden Eigentumswohnung gehört.
Die beantragte Eintragung wurde seitens des Grundbuchamts davon abhängig gemacht, daß eine entsprechende Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung sowie die Zustimmungserklärung der dinglich Berechtigten vorgelegt werden.
Entscheidung
Die Bedingung des Grundbuchamts war rechtmäßig, denn an dem Balkon war Gemeinschaftseigentum entstanden. So widersinnig dieses Ergebnis auch erscheint, das deutsche Sachen- und Grundbuchrecht ist unerbittlich, wenn gegen seine Grundprinzipien - wie hier den Bestimmtheitsgrundsatz - verstoßen wird. Aber, der Reihe nach:
Bestimmtheitsgrundsatz
Zunächst bestimmt sich allein nach der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan, welche Räume Sondereigentum werden. Die Teilungserklärung und der der Eintragungsbewilligung beizufügende Aufteilungsplan sollen verdeutlichen, welche Räume zu welchem Sondereigentum gehören und wo die Grenzen der im Sondereigentum stehenden Räume untereinander sowie gegenüber dem gemeinschaftlichen Eigentum verlaufen, so daß obenerwähntem Bestimmtheitsgrundsatz genüge getan ist.
Bei Unklarheiten: Gemeinschaftseigentum
Wenn also Raumteile, die nach der Absicht des teilenden Grundstückseigentümers Sondereigentum werden sollen, im Aufteilungsplan nicht hinreichend als Sondereigentum bezeichnet sind, entsteht an diesen Raumteilen gemeinschaftliches Eigentum. Denn schon der BGH hat klargestellt, daß bei Unklarheiten und Widersprüchen kein Sondereigentum entsteht, sondern gemeinschaftliches Eigentum.
Konsequenz: Alle müssen zustimmen
Konsequenz dieser Rechtsprechung und der Gegebenheiten im vorliegenden Fall: Da gemeinschaftliches Eigentum entstanden war, ist zur überführung des Balkons in das Sondereigentum des Käufers der betreffenden Wohnung auch die Zustimmung aller Wohnungseigentümer der Gemeinschaft erforderlich.
Diese Zustimmung muß in der Form der Auflassung erklärt werden, also bei gleichzeitiger Anwesenheit der Wohnungseigentümer und des Antragstellers vor dem zuständigen Notar. Dieses strenge Formerfordernis ergibt sich daraus, daß bei der überführung des Gemeinschaftseigentums in das Sondereigentum eine Veräußerung von Grundeigentum vorliegt.
Die Zustimmung der dinglich berechtigten Grundpfandrechtsgläubiger (z.B. Hypotheken-, Grundschuldgläubiger) ist deshalb erforderlich, weil durch die Umwandlung der Gegenstand der belasteten Miteigentumsanteile und damit der Inhalt der Rechte verändert wird.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.04.1997, 20 W 90/97
Fazit:
Soll gemeinschaftliches Eigentum in Sondereigentum überführt werden, ist es für die entsprechende Zustimmungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht erforderlich, daß sich alle Eigentümer vor dem Notar einfinden. Da eine persönliche Anwesenheit nicht erforderlich ist, empfiehlt es sich in diesem Fall, einen Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft zu bestimmen, der dann den entsprechenden Termin vor dem Notar wahrnimmt.
Die Zustimmung derjenigen Grundpfandrechtsgläubiger, deren Rechte auf dem gesamten Grundstück lasten, ist nicht erforderlich, da sich ja an dem Haftungsobjekt als Ganzes nichts ändert.