Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG
Kommentar
Ein Fazit vorab:
Der Bundesgerichtshof hat jetzt kurz und bündig eine für die Verwalter-Wohngeldinkassopraxis Wohngeldinkassopraxis bedeutsame Streitfrage geklärt, m. E. jedoch nicht überzeugend und vor allem nicht im Sinne der bisherigen Praxis; diverse Folgeprobleme aus diesem Entscheidungsergebnis wurden offensichtlich nicht bedacht; viele entgegenstehende obergerichtliche Entscheidungen dürften mit diesem "Machtwort" des BGH - m.E. ohne Not - zur Makulatur geworden sein, wenn nunmehr - wie zu erwarten - noch offen gebliebene Fragen in diesem Begründungssinne entschieden werden (müssen).
Nach dem Leitsatz dieser neuen BGH-Entscheidung des V. Senats v. 30.11.1995 haftet der ausgeschiedene Wohnungseigentümer auch nach einer nach seinem Ausscheiden beschlossenen Jahresabrechnung den anderen Wohnungseigentümern weiter aus dem Wirtschaftsplan für die Wohngeldvorschüsse, welche während des Zeitraumes, als er Wohnungseigentümer war, fällig geworden sind.
1. Die Vorlage an den Senat erfolgte durch das OLG Köln (v. 29.5.1995, FG Prax 4/95, 149 = WE 3/96, 109), welches in Übereinstimmung mit zahlreichen Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur - sehr ausführlich begründet - die Auffassung vertrat, dass die unangefochtene Billigung einer Jahresabrechnung durch Eigentümer-Mehrheits-Beschluss den für das abgerechnete Jahr bestehenden Wirtschaftsplan aufhebe, sodass dann Zahlungsansprüche nur noch aus der Jahresabrechnung bestünden und ein früherer Eigentümer aus dem Wirtschaftsplan nicht mehr in Anspruch genommen werden könne, wenn er keine oder unzureichende Vorschüsse geleistet habe. Da diesem Ergebnis eine Entscheidung des BayObLG vom 19.4.1990 (damals des 1. Zivilsenats des BayObLG, Entscheidung v. 19.01.1990, BReg 1 b Z 19/89= WE 6/90, 220) entgegenstand, musste die Streitfrage durch das OLG Köln dem Bundesgerichtshof vorgelegt werden.
Auszugsweise aus den Gründen der BGH-Entscheidung:
2. Da hier von den Vorinstanzen wohnungseigentumsgerichtliche Zuständigkeit angenommen und bejaht wurde, war der Senat einer Zuständigkeitsprüfung in entsprechender Anwendung des § 17a Abs. 5 GVG (vgl. BGH, Urteil v. 30.06.1995, V ZR 118/94) enthoben, weil er an die zulässigerweise zugleich mit der Sachentscheidung ausgesprochene Bejahung der Verfahrensart gebunden ist.
3. Verpflichtungen zur Wohngeldzahlung im Innenverhältnis der Eigentümer entstehen erst mit entsprechender Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan und die Abrechnung. Daraus folgt zugleich, dass ein Abrechnungs-Genehmigungs-Beschluss Verbindlichkeiten nur für die zur Beschlussfassung berufenen Wohnungseigentümer, nicht aber für deren Rechtsvorgänger begründen kann, da andernfalls ein - unzulässiger - Gesamtakt zu Lasten Dritter vorläge. Rechte und Pflichten nach § 16 Abs. 2 WEG sind nicht personenbezogen, sondern an die jeweilige Einheit geknüpft.
Allerdings "überholt" nicht eine spätere Abrechnung einen vorausgehenden Wirtschaftsplan, sodass dieser auch nicht vollständig seine Bedeutung verliert. Soweit ein fälliger Vorschuss zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung nicht gezahlt ist, kommt dem Abrechnungsgenehmigungsbeschluss nur eine den Wirtschaftsplan bestätigende oder rechtsverstärkende Wirkung zu. Die Wohnungseigentümer bezwecken grundsätzlich keine Schuldumschaffung im Sinne einer Novation, d.h. Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und vollständige Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung. Dies widerspräche ihrem Interesse an dem Erhalt der etwaigen für die Vorschussforderung bestehenden Sicherungs- und Vorzugsrechte und der wegen Verzugs entstandenen Schadenersatzansprüche. Damit hat der Beschluss über die Jahresabrechnung grundsätzlich hinsichtlich der noch offenen Vorschussforderungen bestätigende oder rechtsverstärkende Wirkung und begründet hinsichtlich des Teils des nach der Einzelabrechnung auf den jeweiligen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, der die nach dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüsse übersteigt, einen neuen (originären) Anspruchsgrund (vgl. BGH, Urteil v. 10.03.1994, IX ZR 98/93, NJW 94, 1866, 1867; Wenzel, WE 94, 353, 357 f.; Hauger, Festschrift für Bärmann und Weitnauer, 353, 360 ff.; Schnauder, WE 91, 31, 33 ff.).
Diese grundsätzlichen Erwägungen gelten erst recht für den hier gegebenen Fall, dass der aus dem Wirtschaftsplan mit einer Vorschusspflicht belastete Eigentümer noch vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden ist. Denn dann würden die verbleibenden Wohnungseigentümer ihren vorschusspflichtigen Schuldner durch eine insoweit novierende Jahresabrechnung ersatzlos aus seiner Verbindlichkeit entlassen. Eine solche interessenwidrige Auslegung verstieße besonders deutlich gegen den Erfahrungssatz, dass im Zweifel niemand ohne Not eigene Rechte aufgibt.
Ob einem Beschluss über die Jahresabrechnung gegenüber einem Beschluss über den Wirtschaftsplan überhaupt eine novierende W...