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Der Gesellschaftsvertrag muss zwingend mindestens die nach § 3 Abs. 1 GmbHG geforderten Angaben enthalten. Zum Einhalten der nachstehend im Einzelnen aufgeführten Erfordernisse kann entweder eine individuelle Satzung – beispielsweise durch den Notar – gefertigt oder aber das gesetzliche Musterprotokoll benutzt werden (sog. vereinfachtes Gründungsverfahren, vgl. § 2 Abs. 1a GmbHG). Bei der vereinfachten Gründung verwendet der Notar das gesetzlich vorgegebene Musterprotokoll, welches dem GmbHG mit Einführung des MoMiG als Anlage beigefügt wurde Dieses enthält neben den notwendigen Satzungsangaben auch die Gesellschafterliste sowie die Geschäftsführerbestellung. Damit reduziert sich die Anzahl der zur Gründung notwendigen Dokumente auf zwei: das gesetzliche Musterprotokoll sowie die Handelsregisteranmeldung; Letztere ist weiterhin "individuell" vom Notar zu fertigen, der Gesetzgeber hat hierfür kein Muster zur Verfügung gestellt. Mit dem Musterprotokoll kann sowohl eine GmbH als auch eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gegründet werden. Sinn und Zweck der vereinfachten Gründung ist die Kostenersparnis. Die vereinfachte Gründung wird kostenrechtlich privilegiert. Die Kostenvorteile belaufen sich in der Regel jedoch auf wenige Euro. Zu verstehen ist die Ratio des gesetzlichen Musterprotokolls eigentlich nur vor dem Hintergrund der Genesis des MoMiG. Zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens wurde über eine Abschaffung der notariellen Beurkundung einer GmbH-Gründung nachgedacht. Um den Beteiligten dennoch eine gewisse Form der Rechtssicherheit zu bieten, wurde das gesetzliche Musterprotokoll zur Erleichterung der privatschriftlichen Gründung erdacht. Im Verlaufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens haben jedoch die überzeugenden Argumente für eine notarielle Beteiligung bei der Gründung Gehör gefunden. Auf das mühsam ersonnene Musterprotokoll wollte man aber offensichtlich nicht mehr verzichten und übernahm es – ohne echten Mehrwert für den Rechtsanwender – in das GmbH-Gesetz. Der Gesetzgeber wäre gut beraten, diesen überflüssigen Teil des Gesetzes bei nächster Gelegenheit ersatzlos zu streichen. Der ebenfalls vom Gesetzgeber ursprünglich angedachte Vorteil der Beschleunigung des Gründungsverfahrens[20] ist in der Praxis ohne Belang. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach welchem Gesellschaften mit individuellen Satzungen später in das Handelsregister eingetragen werden als solche, die mittels Musterprotokoll gegründet wurden. Vielmehr ist in der Vergangenheit vereinzelt ein gegenteiliger Trend zu beobachten gewesen, da sich für den Registerrichter immer wieder die Frage stellt, ob das Musterprotokoll unzulässigerweise geändert wurde.[21]

Die vereinfachte Gründung kann nur in ganz bestimmten Fällen angewandt werden, nämlich dann, wenn

nicht mehr als drei Personen gründen und
die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer hat und
der Geschäftsführer keine vom Musterprotokoll abweichende Vertretungsbefugnis erhalten soll und
es sich um eine Bargründung handelt.

Liegt auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, muss der Gesellschaftsvertrag in der klassischen Art und Weise verfasst werden.

[20] Vgl. dazu Seibert/Decker, ZIP 2008, 1208, 1209; Wälzholz, GmbHR 2008, 841, 843.
[21] Vgl. beispielsweise: OLG München GmbHR 2010, 40; OLG München GmbHR 2010, 312; OLG München ZIP 2010, 2044 = DNotZ 2011, 69; OLG München GmbHR 2010, 755; zum Ganzen auch Schulte, GmbHR 2010, 1128.

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