Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
Rz. 264
Bei unbeschränkter Steuerpflicht erhalten der überlebende Ehegatte/Lebenspartner – anders als der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft – nach § 17 Abs. 1 S. 1 ErbStG im Erbfall einen besonderen Versorgungsfreibetrag von 256.000 EUR und Kinder einen Versorgungsfreibetrag – gestaffelt nach Alter – zwischen 52.000 EUR und 10.300 EUR (§ 17 Abs. 2 S. 1 ErbStG). Der jeweilige Freibetrag soll dem Umstand Rechnung tragen, dass diese Personen regelmäßig zur Versorgung auf das durch Erbfall erworbene Vermögen zurückgreifen müssen. Hierbei wird unterstellt, dass sie zu Lebzeiten des Erblassers von diesem (weiter) versorgt worden wären.
Rz. 265
Für Erwerbe bei lediglich beschränkter Steuerpflicht gelten diese besonderen Versorgungsfreibeträge nach § 17 Abs. 3 ErbStG nunmehr auch, allerdings nur, wenn durch die Staaten, in denen der Erblasser ansässig war oder der Erwerber ansässig ist, Amtshilfe geleistet wird. Wie in allen anderen Fällen auch, in denen beschränkt Steuerpflichtige anders – schlechter – behandelt werden als unbeschränkt Steuerpflichtige, halten wir es für bedenklich, die Gewährung von teils recht beachtlichen Versorgungsfreibeträgen von einer Voraussetzung abhängig zu machen, die selbst keinen sachlichen Bezug zur Versorgung der Beteiligten hat. Das dem Grunde nach berechtigte Informationsinteresse der Finanzverwaltung könnte auch auf anderem Wege befriedigt werden, etwa durch erhöhte Nachweispflichten der Beteiligten.
Rz. 266
§ 17 Abs. 1 S. 2 ErbStG und § 17 Abs. 2 S. 2 ErbStG enthalten jeweils Regelungen zur Kürzung der Versorgungsfreibeträge, soweit dem überlebenden Ehegatten/Lebenspartner bzw. den Kindern aus Anlass des Todes des Erblassers nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zustehen.
Rz. 267
Bei der Gewährung eines Versorgungsfreibetrages nach § 17 ErbStG ist zwischen auf Gesetz bzw. Arbeits- oder Dienstverträgen beruhenden Versorgungsbezügen einerseits, die nicht steuerbar sind, und den übrigen, auf einem privaten Vertrag begründeten Versorgungsbezügen, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erworben werden, zu differenzieren: Soweit der Berechtigte aufgrund des Erbfalls (eigene) Versorgungsbezüge erhält, deren Erwerb nicht der Erbschaftsteuer unterliegt (z.B. eine Rente, die an den überlebenden Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner weitergezahlt wird, obwohl dieser selbst nie Einzahlungen in diese geleistet hat), kürzt sich der Versorgungsfreibetrag um den Kapitalwert der Versorgungsbezüge.
Rz. 268
Werden keine nicht steuerbaren Versorgungsbezüge erworben, wirkt sich der besondere Versorgungsfreibetrag wie ein allgemeiner Freibetrag aus, da dieser unabhängig davon gewährt wird, ob der Berechtigte tatsächlich versorgungsbedürftig ist.
Beispiel:
Unternehmer U ist gestorben. U hatte weder Renten- noch Pensionsansprüche. Er lebte vielmehr aus den Erträgen seines Vermögens, das einen Steuerwert von 1 Mio. EUR hatte. Seine Ehefrau F hat als Ruhestandsbeamtin erhebliche Versorgungsbezüge, von denen sie leben kann. Ungeachtet dessen erhält sie beim Tod des U einen allgemeinen Freibetrag von 500.000 EUR nach § 16 ErbStG und den besonderen Versorgungsfreibetrag von 256.000 EUR nach § 17 ErbStG, so dass bereits allein unter Berücksichtigung dieser Freibeträge im Ergebnis allenfalls ein Betrag von 244.000 EUR versteuert werden muss.
Rz. 269
Soweit der Barwert der erworbenen Versorgungsbezüge geringer als der Freibetrag ist, ergeben sich keine Unterschiede. Etwas anderes gilt aber dann, wenn deren Barwert wesentlich höher ist. Die Pensionsansprüche, die der Ehepartner erwirbt, bleiben immer steuerfrei. Übersteigt der Barwert dieser erworbenen Rente den Versorgungsfreibetrag, wird nur der Versorgungsfreibetrag aufgezehrt.